Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hopp, hopp – Aktiv-Urlaub ist besser als Liegestuhl am Pool!

- d.uhlenbruch@schwaebisc­he.de p.lawrenz@schwaebisc­he.de

Ach nee, wenn ich das schon höre: Endlich mal wieder ein gutes Buch lesen, die Seele baumeln lassen im Liegestuhl, mit verklärtem Blick auf den Sonnenunte­rgang überm tiefblauen Meer. Wie prickelnd, wie atemberaub­end! Machen wir noch, sobald wir den 140. Geburtstag würdig gefeiert haben und Orthopäde sowie Kardiologe dazu raten, hin und wieder einen Gang zurückzusc­halten.

Im Ernst, werte Turnbeutel­verweigere­r: Sitzen wir nicht ohnehin zu viel – statt ein bisschen zu schwitzen? Reisen wir tatsächlic­h um den halben Globus, um auch am anderen Ende der Welt die Gesäßmusku­latur über Gebühr – und keineswegs kostenlos – zu strapazier­en? Und lernen wir Land und Leute wirklich am besten kennen mit dem albernen Sonnenhut auf dem Kopf, dem kühlen Cocktail in der einen und „Krieg und Frieden“in der anderen Hand? Da hätten wir doch ebenso gut daheim unterm Solarium bleiben und ein paar Dias anschauen können.

Nein, ihr Hüter des gepflegten Nichtstuns, sportliche Aktivität tut nicht weh, fördert Kontakte, stärkt die Gesundheit und hilft, ein Land nicht nur mit dem Geschmacks­sinn zu erkunden. Apropos: Die paar Schritte ans üppige Buffet reichen nicht, um den Figurprobl­emen des Sumo-Ringers zu entkommen. Und die Jungs – ich schwöre – bewegen sich mehr.

Für manche Leute ist das normale Leben offenbar einfach nicht aufregend, nicht gefährlich genug, ich verstehe das. Das gesunde Obst püriert, das Büro stets wohltemper­iert, der Hintern in allen Sesseln maximal gepolstert – es ist die Hölle. Da will man sich und die harte Natur wenigstens in der Freizeit mal so richtig spüren – und nebenbei demonstrie­ren, was dieser Reinhold Messner eigentlich für ein Schlaffi ist. Zu Fuß den Berg hoch und runter, ohne Mountainbi­ke, kein bisschen Rafting, nicht mal Canyoning. Pff!

Der moderne Aktiv-Urlauber bevorzugt dagegen einen lockeren Ultra-Alpin-Marathon mit anschließe­ndem Power-Yoga vor dem Frühstück. Danach kann’s dann richtig losgehen, powered by Grünkohlsm­oothie. Das ist ja auch kein Leben, ohne Adrenalin bis zum Stehkragen und blutige Blasen an den Füßen. Ein Selfie aus der Steilwand sollte man bei der Rückkehr schon vorweisen können, oder wenigstens ein Röntgenbil­d aus der Orthopäden­praxis.

Oh, wie gerne würde ich als notorische Turnbeutel­vergesseri­n da auch mal mitmachen. Auch ich liebe die Gefahr. Aber hey, ich frühstücke eben gern Erdbeermar­meladentoa­st. Weißmehl, Fett und Zucker! Damit baumle ich sozusagen eh schon überm Abgrund. Danach geht nur noch Power-Relaxing im Timeless-Offline-Modus am Strand.

Den Figurprobl­emen des Sumo-Ringers davonlaufe­n. Von Dirk Uhlenbruch Power-Relaxing mit Marmeladen­toast. Von Petra Lawrenz

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