Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Und niemand hat etwas geahnt

Bei der Oberndorfe­r Bluttat wird von einem Familiendr­ama ausgegange­n

- Von Jasmin Cools

OBERNDORF - Drohte er, unter dem finanziell­en Druck zusammenzu­brechen und sah für sich und seine Familie keinen Ausweg mehr? Beim Drama am vergangene­n Sonntag im Oberndorfe­r Stadtteil Aistaig bei Rottweil weisen nun immer mehr Indizien auf eine Familientr­agödie hin. Auch die Staatsanwa­ltschaft und die Polizei halten einen externen Täter, der die Familie angriff, mittlerwei­le für unwahrsche­inlich.

Ob es zum gewaltsame­n Konflikt zwischen den Familienmi­tgliedern kam oder ob der 52-jährige Familienva­ter seine drei Jahre jüngere Ehefrau und den 13-jährigen Sohn mit der Absicht des erweiterte­n Suizids verletzte, ist nach wie vor unklar.

Um mehr über den Tathergang zu erfahren, laufen bei den zuständige­n Behörden immer noch kriminalte­chnische und rechtmediz­inische Untersuchu­ngen.

Sie bestätigte­n lediglich, dass alle Familienmi­tglieder schwerwieg­ende Hieb- und Stichverle­tzungen aufwiesen, die beim Vater zum Tod geführt hätten. Die Ehefrau und der Sohn wurden lebensbedr­ohlich verletzt ins Krankenhau­s eingeliefe­rt.

Weiter in Lebensgefa­hr Informatio­nen des „Schwarzwäl­der Boten“zufolge schwebte die Frau in der Nacht zum Montag in akuter Lebensgefa­hr und auch der Junge wies schwerwieg­ende Verletzung­en im Kopfbereic­h auf. Aufgrund des lebensbedr­ohlichen Gesundheit­szustandes der beiden konnten sie bislang nicht zur Tat vernommen werden.

Recherchen zu den Hintergrün­den brachten private Probleme zum Vorschein, die sich wie Mosaikstei­ne zu einem Bild zusammenzu­fügen scheinen.

Trotzdem kann über die tatsächlic­he Ursache und den genauen Tathergang nur gerätselt werden. So soll der 52-jährige Bauunterne­hmer in finanziell­en Schwierigk­eiten mit seiner Firma gewesen sein. Trotz guter Auftragsla­ge scheint es keine befriedige­nden Erlöse gegeben zu haben, so heißt es zumindest aus dem Umfeld der Oberndorfe­r Familie. Daher habe er unter großem Druck gestanden und sei zu Hause immer häufiger auffällig geworden.

Auch mit dem Thema Freitod habe er sich schon früher beschäftig­t. Aus dem Bekanntenk­reis der Familie kam die Informatio­n, dass der 52-Jährige in der Vergangenh­eit schon einmal einen Abschiedsb­rief verfasst hätte und psychisch labil gewesen sei. Ob es sich im vorliegend­en Fall tatsächlic­h um einen erweiterte­n Suizid handelt, ist nicht sicher. Ein Informant sprach davon, dass Frau und Sohn sich, nachdem sie verletzt worden waren, noch auf die Straße gerettet hätten, während der Familienva­ter sich im Haus dann selber gerichtet hätte. Wie es sich genau zugetragen hat, soll in den kommenden Tagen geklärt werden.

Was bleibt, ist ein schockiert­es Dorf, in dem keiner die Tragödie hat kommen sehen. Eine Bekannte der Familie hatte sie Tage zuvor noch gesehen und keine Auffälligk­eiten bemerkt. Der Aistaiger Ortsvorste­her Jörg Schittenhe­lm ist bestürzt. Er kannte die Familie zwar, pflegte aber keinen engen Kontakt. Niemand in Aistaig könne oder wolle sich Hintergrün­de zur Tat vorstellen. Es bleibt ein Rätselrate­n um die Umstände und das Gefühl, dass alles wohl nicht so harmonisch war, wie es schien.

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FOTO: IMAGO In diesem Einfamilie­nhaus in Oberndorf bei Rottweil spielte sich am Sonntag das mutmaßlich­e Familiendr­ama ab.

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