Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bischöfe für scharfe Grenze zu Populisten
Katholiken „auf der Seite der verantwortlichen Freiheit“- Vollversammlung tagt
BERGISCH-GLADBACH - Populismus und Fremdenfeindlichkeit, die Flüchtlingsfrage: Aktuelle politische Fragen, klare Positionen und Abgrenzungen bestimmen die Tagesordnung der deutschen katholischen Bischöfe, die sich seit Montag in Bergisch-Gladbach bei Köln treffen und dort bis Donnerstag tagen. Am Mittwoch werden sie sich einem brennenden innerkirchlichen Thema widmen: Angesichts dramatisch zurückgehender Priesterzahlen stellt sich die Frage nach Seelsorge und Liturgie in ungeahnter Schärfe.
Innerkirchliche Themen müssen in Wahljahren aber zurückstehen, wenn sich die Bischöfe treffen. Zu drängend sind politische Fragen. Zum Beispiel nach dem Verhältnis der Kirche zur AfD. „Ich kann nicht verstehen, wenn Christen AfD wählen“, hatte die evangelische Theologin Margot Käßmann Anfang Februar gesagt. Nächstenliebe und Barmherzigkeit seien christliche Werte, die nicht verhandelbar seien. „Mit den Werten der AfD geht das nicht zusammen.“
Zwar würde der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, Käßmann wohl nicht widersprechen. Aber der Kirchenmann sieht, dass nicht nur bei der AfD Positionen Raum greifen, die sich mit dem Christentum nicht vereinbaren lassen. Er zieht den Kreis weiter: Die Aufgabe der Kirche sei es nicht, Motivationen von Mitgliedern in Parteien, Organisationen oder Religionsgemeinschaften pauschal zu beurteilen. Nach Marx’ Meinung haben auch jene Politiker Unterscheidungen und Grenzen hinter sich gelassen, die sich ausländerfeindlich äußern, pauschal Weltreligionen verurteilen oder Nationalismus predigen. Die Kirche habe in dieser Situation die Aufgabe, immer „auf der Seite der verantwortlichen Freiheit“zu stehen.
Als Vorsitzender weiß der Münchner Erzbischof sich mit seinem Kölner Kollegen Rainer Woelki, dem Gastgeber der Vollversammlung, einig. Der Kardinal vom Rhein, stark in der Flüchtlingshilfe engagiert, betont immer wieder, es müsse klar sein, dass bestimmte Positionen mit dem Evangelium nicht vereinbar seien. „Wir sind für Solidarität, und Solidarität hat immer auch ein Herz für diejenigen, deren Leben bedroht ist.“Abschiebungen nach Afghanistan seien nicht zu akzeptieren, ergänzt Marx. Das Land sei nach dem Urteil der Vereinten Nationen nicht sicher. „Man darf niemanden abschieben in ein Land, wo Krieg und Verfolgung drohen“, sagt er.
Marx bleibt optimistisch Die Katholiken in Deutschland erwarten neben dem politischen Engagement aber auch Lösungen für Fragen nach Pastoral und Seelsorge. Vielerorts sind kirchliche Strukturen kaum noch am Leben zu erhalten, zu wenige Männer haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zu Priestern weihen lassen. Welche Rollen spielen Laien, welche Rolle die wenigen verbleibenden Priester? Hier sind keine von der deutschen Kirche getriebenen Reformen zu erwarten. Schließlich müsste der Papst in Rom entscheiden, wenn denn Lösungen gewünscht und theologisch konsensfähig wären. Marx aber bleibt optimistisch: In den Gemeinden gebe es viele Ressourcen, die unentdeckt seien: „Man muss sie finden und heben.“