Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Frankreichs Konservative haben keinen Plan B
Alain Juppé lehnt Präsidentschaftskandidatur ab
PARIS - Die französischen Konservativen stecken in einer tiefen Krise. Ex-Regierungschef Alain Juppé will nach der Affäre um den Kandidaten Fillon nicht als Ersatzmann antreten. Der Altpolitiker rechnete stattdessen mit seiner Partei ab.
Mit hängenden Schultern trat Juppé vor die Presse, um anzukündigen, dass er als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen nicht zur Verfügung steht. „Für mich ist es zu spät“, sagte der 71-Jährige mit finsterer Miene. Zuvor hatte der beliebte Bürgermeister von Bordeaux, der bei den Vorwahlen der Konservativen gescheitert war, ein düsteres Bild seiner Partei gezeichnet. Seine Kritik galt vor allem François Fillon, dem Sieger der Vorwahlen. „Seine Verteidigungsstrategie eines vorgeblichen Komplotts und eines politischen Mordes hat ihn in eine Sackgasse geführt“, sagte Juppé.
Gemeint waren die Vorwürfe, die Fillon vergangene Woche gegen die Justiz erhoben hatte, die gegen ihn wegen einer möglichen Scheinbeschäftigung seiner Frau und seiner Kinder ermittelt. Nachdem der 63Jährige versichert hatte, trotz eines drohenden Ermittlungsverfahrens an seiner Kandidatur festzuhalten, wandten sich viele Unterstützer von ihm ab. Mehr als 300 Mandatsträger kehrten ihm ebenso den Rücken wie sein Wahlkampfmanager Patrick Stefanini. Fillon liegt in Umfragen mit 20 Prozent nur noch auf dem dritten Platz und hält trotz seiner früheren Ankündigung, im Falle eines Ermittlungsverfahrens nicht anzutreten, an seiner Kandidatur fest: „Niemand kann mich zwingen, meine Kandidatur zurückzuziehen.“
Angesichts der juristischen Schwierigkeiten Fillons erschien Juppé, der Zweite der Vorwahlen, vielen Parteigrößen als der bessere Kandidat. Eine Umfrage ergab, dass der frühere Regierungschef, der im Gegensatz zu dem rechtskonservativen Fillon für einen gemäßigten Kurs steht, in der ersten Wahlrunde auf 26,5 Prozent kommen würde – noch vor dem unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen. „Ich danke denen, die mich kritisiert haben und nun in mir den Ausweg sehen“, bemerkte Juppé ironisch, räumte jedoch ein: „Die Franzosen wollen eine Erneuerung der Politik und die verkörpere ich nicht. Auch Beispielhaftigkeit ist gefordert. Diese Forderung kann ich nicht erfüllen.“Juppé, der 2004 wegen Scheinarbeitsverhältnissen in seiner Zeit als Vize-Bürgermeister im Pariser Rathaus verurteilt wurde, versagte Fillon in seiner Rede die Unterstützung. Er kritisierte aber auch Macron, zu dem viele seiner Anhänger nun überlaufen dürften, für dessen Unerfahrenheit.