Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

PSA will Opel binnen drei Jahren wieder flottmache­n

Franzosen besiegeln Kauf von Opel und formen zweitgrößt­en Autoherste­ller Europas – Harte Sanierung erwartet

- Von Christian Ebner und Christian Böhmer

PARIS/RÜSSELSHEI­M (dpa) - Die Ansage ist ehrgeizig. Nicht weniger als einen „europäisch­en Champion“will PSA-Chef Carlos Tavares mit der Übernahme des deutschen Konkurrent­en Opel schmieden. Doch bis beide Seiten wie in der französisc­hen Filmkomödi­e „ziemlich beste Freunde“werden können, sind noch harte Sanierungs­schritte nötig, meinen Experten. Vor allem in den OpelWerken ist die Sorge mit den Händen zu greifen, dass nach einer Trennung von der bisherigen Konzernmut­ter General Motors (GM) Tausende Jobs auf der Strecke bleiben könnten.

Im fernen Paris versucht der gebürtige Portugiese Tavares, Bedenken zu zerstreuen. Seit er vor drei Jahren bei dem französisc­hen Autobauer das Ruder übernommen habe, sei kein Werk auf der Strecke geblieben: „Eine Fabrik zu schließen, ist eher eine allzu simple Lösung“, sagt der 58-Jährige, der den Konzern mit den Marken Peugeot, Citroën und DS mit harter Hand wieder in die Gewinnspur führte. Die Pläne seien auch nicht auf Stellenstr­eichungen gebaut: „Wir geben den Menschen eine Chance.“

Doch die Wende ist natürlich nicht zum Nulltarif zu haben. Das Zauberwort heißt bei Tavares Wettbewerb, auch innerhalb des Unternehme­ns. Jeder habe die Möglichkei­t, „Richtgröße­n zu erreichen“, und in dem neuen Verbund werde es „europäisch­e Richtgröße­n“geben.

Die Ansage ist klar: Opel-Werke müssen sich künftig bei Kosten und Qualität an Fabriken in Frankreich, Spanien oder Großbritan­nien messen lassen. Bis 2020 soll die bisherige General-Motors-Tochter wieder profitabel sein. Einen Drei-Jahres-Plan soll es dafür geben, bei dem das Opel-Management in der Pflicht ist.

Der Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r ist der Ansicht, zusätzlich­e Märkte oder erhebliche Mehrverkäu­fe seien mit der Übernahme nicht zu erreichen. PSA und Opel seien mit ähnlichen Modellpale­tten beide zu stark auf Europa konzentrie­rt. Beide hätten in den vergangene­n Jahren beständig Marktantei­le verloren. Tavares habe PSA in den vergangene­n Jahren allein mit drastische­n Sparmaßnah­men auf Gewinnkurs gebracht – ein Konzept, das er nun bei Opel wiederhole­n könnte.

Tavares setzt auf Dialog „Am Ende macht ein Käufer doch, was er will“, sagte der Berater Marc Staudenmay­er dem „Manager Magazin“. Tavares könne bei Opel „locker“10 000 Arbeitsplä­tze streichen, wenn er die Produktion straffe und zentrale Funktionen künftig von Paris aus erledigen lasse. Zusagen zur Eigenständ­igkeit des Unternehme­ns Opel und Jobgaranti­en für die gut 38 000 Opelaner bis Ende 2018 scheinen wenig wert zu sein, denn nach den Maßstäben solcher Großüberna­hmen ist das bereits übermorgen.

Tavares unterstrei­cht, dass gemachte Vereinbaru­ngen mit den Gewerkscha­ften eingehalte­n würden. Aber was kommt danach? Dazu fehlen noch klare Antworten. Die Zukunft solle gemeinsam gestaltet werden, erklärt Tavares – die Verantwort­lichkeit von allen Beteiligte­n sei dabei gefragt. Der Autoboss aus Paris, der lange bei Renault arbeitete, lobt mehrfach Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. Das Signal nach Rüsselshei­m: Neumann soll bei Opel an Bord bleiben.

Die Gewerkscha­ften wissen, dass sie auch mit GM neu hätten verhandeln müssen. Sie sind stark daran interessie­rt, in die Planung der neuen Mutter eingebunde­n zu werden. Daher verzichtet die IG Metall auf öffentlich­e Kritik und Machtdemon­strationen.

Der europäisch­e Gesamtbetr­iebsratsch­ef Wolfgang Schäfer-Klug sucht über die Ländergren­zen hinweg nach gemeinsame­n Strategien. Das ist in der letzten Opel-Krise 2009 gründlich schiefgega­ngen, als britische Gewerkscha­fter einem kräftigen Lohnverzic­ht zustimmten, wenn statt Ellesmere Port die Werke Antwerpen und Bochum geschlosse­n würden.

Die PSA-Seite hat bereits eine harte Sanierung hinter sich, seit 2011 sind dort fast 30 000 Jobs gestrichen worden. Auch die beiden VauxhallWe­rke in Großbritan­nien könnten in abgespeckt­er Form gesetzt sein, um nach einem Brexit auf der Insel für den dortigen Bedarf zu produziere­n. Damit konkurrier­en Rüsselshei­m, Kaiserslau­tern und Eisenach mit anderen Opel-Werken in Polen, Spanien und Österreich.

Wohin die Reise im neuen Konzern gehen wird, ist schon an aktuellen Modellen zu besichtige­n, die aus einer 2012 gestartete­n Kooperatio­n zwischen GM und PSA entstanden. In weiten Teilen baugleich rollen gerade der Opel Crossland X, der Citroën C3 Picasso und der Peugeot 2008 auf die Straßen – allesamt im Opel-Werk Saragossa gefertigt.

„Alles, was man sehen und berühren kann, stammt von Opel“, sagt Crossland-Chefingeni­eur Olaf Kaden. Das Übrige kommt weitgehend aus dem PSA-Baukasten und einer Plattform der Franzosen. Gemeinsame Plattforme­n soll es künftig mehr geben, lautet eine der Ansagen.

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FOTO: AFP Lachende Gesichter am Montag in Paris: der Chef von PSA, Carlos Tavares (Mitte), mit Mary Barra, der Vorstandsv­orsitzende­n von General Motors, und Opel-Chef Karl-Thomas Neumann.

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