Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Aus für Museum am Münsterplatz
Das Ruther’sche Haus in Weingarten wird aus finanziellen Gründen nicht umgebaut
WEINGARTEN - Es war für Jürgen Hohl ein Traum: Das von ihm konzipierte und verwaltete Museum für Klosterkultur – zur Zeit in der Heinrich-Schatz-Straße beherbergt – sollte an den Münsterplatz umziehen. Im „Ruther’schen Haus“, der ehemaligen Klosterschule, hätte die Ausstellung rund um das Kloster Weingarten ein neues Zuhause finden sollen. Diese Idee ist nun endgültig vom Tisch, der Stadt ist der Umbau des großen historischen Gebäudes direkt unter der Basilika zu teuer. Auch die Pläne, eine Gastwirtschaft im Ruther’schen Haus einzurichten, liegen auf Eis.
Zuletzt war Bewegung in die Angelegenheit zwischen der Stadt und dem Eigentümer des Hauses, dem Bürgerlichen Brauhaus RavensburgLindau, gekommen. Denn die Stadt sah sich einem unerwarteten Geldsegen gegenüber: Ein namentlich nicht genanntes Ehepaar, das mit Weingarten verbunden war, hatte die Stadt in einem 1995 erstellten Testament bedacht. Das Erbe in Höhe von rund 1,58 Millionen Euro soll zur Hälfte zwischen der Stadt Weingarten und der Stadt Rottenburg am Neckar aufgeteilt werden. Die Erbschaft von rund 790 000 Euro ist allerdings zweckgebunden und soll von der Stadt Weingarten – so wörtlich – für die „Bewahrung und Erweiterung der Heimatkundlichen Sammlung“eingesetzt werden, die sich früher im Gebäude an der Heinrich-SchatzStraße 20 befand, heute befindet sich dort das Museum für Klosterkultur.
Die Heimatkundliche Sammlung wurde vor Jahrzehnten aufgelöst und auf das Museum für Klosterkultur, das Stadtmuseum im Schlössle und das Stadtarchiv verteilt. Wie die Stadt nun auf Anfrage mitteilt, werden derzeit die „Modalitäten der Erbauseinandersetzung und der Erfüllung der Auflage“geklärt und die verschiedenen Optionen geprüft. Eine davon war die Verlagerung des Museums für Klosterkultur in das Ruther’sche Haus. „Dies lässt sich jedoch aufgrund des hohen Investitionsaufwands nicht realisieren“, schreibt die Stadt.
Konkret ging es darum, die oberen Stockwerke des Gebäudes am Münsterplatz in ein Museum umzuwandeln und im unteren Bereich eine Gastwirtschaft einzurichten. Dafür sucht das Bürgerliche Brauhaus auch schon seit längerer Zeit nach einem Pächter. Doch die Kosten wären immens: Das kleinteilige, verwinkelte Innere des Hauses müsste von Stadt und Besitzer komplett auf den Kopf gestellt werden, es ist von rund 2,5 Millionen Sanierungskosten die Rede – zu viel für die Stadt. „Das Haus hat einen Sanierungsbedarf aus den vergangenen 80 Jahren und ist denkmalgeschützt“, sagt Weingartens Verwaltungsdirektor Günter Staud, der sich im Rathaus um den Fall kümmert. „Damit wäre alles gesagt.“Heißt: Eine Sanierung wäre viel zu aufwendig, „wir haben derzeit andere Prioritäten“, so Staud.
Kein Pächter in Sicht „Das ist sehr schade, aber man muss das akzeptieren“, sagt Jürgen Hohl. Selbst wenn man die Erbschaft mit dem Erlös aus dem Verkauf des derzeitigen Museumsgebäudes in der Heinrich-Schatz-Straße addiere, wäre weniger als die Hälfte der Summe zusammen, die nötig wäre. Damit ist ein Museum am Münsterplatz faktisch vom Tisch. Aber auch die Pläne, eine Gastwirtschaft im Haus einzurichten, sind erst einmal gestoppt, schließlich wollen Stadt und Besitzer das Haus aus einem Guss sanieren und nicht Stück für Stück. Und ein Pächter für eine eventuelle Wirtschaft ist laut Lorenz Schlechter, Geschäftsführer des Bürgerlichen Brauhauses, auch nicht in Sicht. Mit der Stadt bleibe das Brauhaus weiterhin in engem Kontakt: „Wir haben sehr gute Gespräche geführt, aber jetzt wurde das Konzept erst einmal vorsichtig auf Eis gelegt“, so Schlechter. In welcher Zeitspanne hier wieder Gespräche geführt werden, ist unklar.
Die Umzugspläne für das Museum für Klosterkultur sind dagegen noch lebendig, zumindest bei Jürgen Hohl: „Vielleicht gibt es ja die Chance, das Museum irgendwann in einem Neubau unterzubringen. Oder das jetzige Museum bekommt einen Anbau“, überlegt der 72-jährige Heimatkundler. Auch bei der Stadt gibt es erste Überlegungen in diese Richtung Das Ruther’sche Haus am Weingartener Münsterplatz wurde 1630 zunächst als Unterkunft für Klosterbeamte erbaut. Ab dem Anfang des 18. Jahrhunderts war es dann Elementar- und Lateinschule des Klosters Weingarten. Nach der Säkularisation im Jahr 1803 kam das mehrstöckige Gebäude in Privatbesitz. – zumal man dort davon ausgeht, dass das derzeit in angemieteten Räumen der Scherzachstraße untergebrachte Stadtarchiv an seinem jetzigen Standort nicht mehr sehr lange bleiben kann, weil der Vermieter offenbar Eigenbedarf angedeutet hat. „Da stehen wir völlig am Anfang“, sagt Rainer Beck, als Fachbereichsleiter zuständig für die städtischen Museen, zur Neubau-Idee. „Das müsste Teil eines Museumsund Archivkonzeptes sein, das wir irgendwann einmal in Angriff nehmen. Aber das hat bei uns derzeit keinerlei Priorität.“Das Museum für Klosterkultur bleibt also auf unbestimmte Zeit in der Heinrich-SchatzStraße – und das Ruther’sche Haus leer. Bis 1931 war es im Besitz der Kaufmannsfamilie Ruther, seitem ist es unter seinem heutigen Namen bekannt. Später wurde der Komplex wieder Eigentum des Klosters, bis dieses 2010 aufgelöst wurde. Seitdem gehört es dem Bürgerlichen Brauhaus und seit damals ist auch eine Gastronomie im Gespräch. (sz)