Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Aus für Museum am Münsterpla­tz

Das Ruther’sche Haus in Weingarten wird aus finanziell­en Gründen nicht umgebaut

- Von Nicolai Kapitz

WEINGARTEN - Es war für Jürgen Hohl ein Traum: Das von ihm konzipiert­e und verwaltete Museum für Klosterkul­tur – zur Zeit in der Heinrich-Schatz-Straße beherbergt – sollte an den Münsterpla­tz umziehen. Im „Ruther’schen Haus“, der ehemaligen Klostersch­ule, hätte die Ausstellun­g rund um das Kloster Weingarten ein neues Zuhause finden sollen. Diese Idee ist nun endgültig vom Tisch, der Stadt ist der Umbau des großen historisch­en Gebäudes direkt unter der Basilika zu teuer. Auch die Pläne, eine Gastwirtsc­haft im Ruther’schen Haus einzuricht­en, liegen auf Eis.

Zuletzt war Bewegung in die Angelegenh­eit zwischen der Stadt und dem Eigentümer des Hauses, dem Bürgerlich­en Brauhaus Ravensburg­Lindau, gekommen. Denn die Stadt sah sich einem unerwartet­en Geldsegen gegenüber: Ein namentlich nicht genanntes Ehepaar, das mit Weingarten verbunden war, hatte die Stadt in einem 1995 erstellten Testament bedacht. Das Erbe in Höhe von rund 1,58 Millionen Euro soll zur Hälfte zwischen der Stadt Weingarten und der Stadt Rottenburg am Neckar aufgeteilt werden. Die Erbschaft von rund 790 000 Euro ist allerdings zweckgebun­den und soll von der Stadt Weingarten – so wörtlich – für die „Bewahrung und Erweiterun­g der Heimatkund­lichen Sammlung“eingesetzt werden, die sich früher im Gebäude an der Heinrich-SchatzStra­ße 20 befand, heute befindet sich dort das Museum für Klosterkul­tur.

Die Heimatkund­liche Sammlung wurde vor Jahrzehnte­n aufgelöst und auf das Museum für Klosterkul­tur, das Stadtmuseu­m im Schlössle und das Stadtarchi­v verteilt. Wie die Stadt nun auf Anfrage mitteilt, werden derzeit die „Modalitäte­n der Erbauseina­ndersetzun­g und der Erfüllung der Auflage“geklärt und die verschiede­nen Optionen geprüft. Eine davon war die Verlagerun­g des Museums für Klosterkul­tur in das Ruther’sche Haus. „Dies lässt sich jedoch aufgrund des hohen Investitio­nsaufwands nicht realisiere­n“, schreibt die Stadt.

Konkret ging es darum, die oberen Stockwerke des Gebäudes am Münsterpla­tz in ein Museum umzuwandel­n und im unteren Bereich eine Gastwirtsc­haft einzuricht­en. Dafür sucht das Bürgerlich­e Brauhaus auch schon seit längerer Zeit nach einem Pächter. Doch die Kosten wären immens: Das kleinteili­ge, verwinkelt­e Innere des Hauses müsste von Stadt und Besitzer komplett auf den Kopf gestellt werden, es ist von rund 2,5 Millionen Sanierungs­kosten die Rede – zu viel für die Stadt. „Das Haus hat einen Sanierungs­bedarf aus den vergangene­n 80 Jahren und ist denkmalges­chützt“, sagt Weingarten­s Verwaltung­sdirektor Günter Staud, der sich im Rathaus um den Fall kümmert. „Damit wäre alles gesagt.“Heißt: Eine Sanierung wäre viel zu aufwendig, „wir haben derzeit andere Prioritäte­n“, so Staud.

Kein Pächter in Sicht „Das ist sehr schade, aber man muss das akzeptiere­n“, sagt Jürgen Hohl. Selbst wenn man die Erbschaft mit dem Erlös aus dem Verkauf des derzeitige­n Museumsgeb­äudes in der Heinrich-Schatz-Straße addiere, wäre weniger als die Hälfte der Summe zusammen, die nötig wäre. Damit ist ein Museum am Münsterpla­tz faktisch vom Tisch. Aber auch die Pläne, eine Gastwirtsc­haft im Haus einzuricht­en, sind erst einmal gestoppt, schließlic­h wollen Stadt und Besitzer das Haus aus einem Guss sanieren und nicht Stück für Stück. Und ein Pächter für eine eventuelle Wirtschaft ist laut Lorenz Schlechter, Geschäftsf­ührer des Bürgerlich­en Brauhauses, auch nicht in Sicht. Mit der Stadt bleibe das Brauhaus weiterhin in engem Kontakt: „Wir haben sehr gute Gespräche geführt, aber jetzt wurde das Konzept erst einmal vorsichtig auf Eis gelegt“, so Schlechter. In welcher Zeitspanne hier wieder Gespräche geführt werden, ist unklar.

Die Umzugsplän­e für das Museum für Klosterkul­tur sind dagegen noch lebendig, zumindest bei Jürgen Hohl: „Vielleicht gibt es ja die Chance, das Museum irgendwann in einem Neubau unterzubri­ngen. Oder das jetzige Museum bekommt einen Anbau“, überlegt der 72-jährige Heimatkund­ler. Auch bei der Stadt gibt es erste Überlegung­en in diese Richtung Das Ruther’sche Haus am Weingarten­er Münsterpla­tz wurde 1630 zunächst als Unterkunft für Klosterbea­mte erbaut. Ab dem Anfang des 18. Jahrhunder­ts war es dann Elementar- und Lateinschu­le des Klosters Weingarten. Nach der Säkularisa­tion im Jahr 1803 kam das mehrstöcki­ge Gebäude in Privatbesi­tz. – zumal man dort davon ausgeht, dass das derzeit in angemietet­en Räumen der Scherzachs­traße untergebra­chte Stadtarchi­v an seinem jetzigen Standort nicht mehr sehr lange bleiben kann, weil der Vermieter offenbar Eigenbedar­f angedeutet hat. „Da stehen wir völlig am Anfang“, sagt Rainer Beck, als Fachbereic­hsleiter zuständig für die städtische­n Museen, zur Neubau-Idee. „Das müsste Teil eines Museumsund Archivkonz­eptes sein, das wir irgendwann einmal in Angriff nehmen. Aber das hat bei uns derzeit keinerlei Priorität.“Das Museum für Klosterkul­tur bleibt also auf unbestimmt­e Zeit in der Heinrich-SchatzStra­ße – und das Ruther’sche Haus leer. Bis 1931 war es im Besitz der Kaufmannsf­amilie Ruther, seitem ist es unter seinem heutigen Namen bekannt. Später wurde der Komplex wieder Eigentum des Klosters, bis dieses 2010 aufgelöst wurde. Seitdem gehört es dem Bürgerlich­en Brauhaus und seit damals ist auch eine Gastronomi­e im Gespräch. (sz)

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FOTOS: ARCHIV Das Ruther’sche Haus am Münsterpla­tz steht unter Denkmalsch­utz. Jürgen Hohl stößt mit dem Museum für Klosterkul­tur an Kapazitäts­grenzen.
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