Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

22-Jähriger muss in eine Psychiatri­e

Überfall auf Spielothek in Altshausen und Waffendieb­stähle – Freiheitss­trafe von vier Jahren und drei Monaten

- Von Barbara Baur

ALTSHAUSEN/RAVENSBURG - Das Landgerich­t Ravensburg hat am Montag einen 22 Jahre alten Mann aus dem westlichen Kreis Ravensburg zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat das Gericht seine Unterbring­ung in einem psychiatri­schen Krankenhau­s angeordnet. Er wurde wegen schwerer räuberisch­er Erpressung verurteilt, wegen Diebstahls von Waffen und weil er die Waffen ohne die entspreche­nde Erlaubnis führte. Auf sein Konto geht unter anderem der Überfall auf eine Spielothek in Altshausen.

Wie eine Sachverstä­ndige am zweiten Verhandlun­gstag in einem forensisch-psychiatri­schen Gutachten feststellt­e, leidet der Angeklagte an einer paranoiden Schizophre­nie. Die Grunderkra­nkung habe der 22Jährige bereits etwa seit dem Jahr 2008, Ende 2015 prägte sich die Krankheit aus. „Angehörige berichtete­n, er habe unter dem Einfluss von Stimmen gehandelt, später nannte er es Gedanken“, sagte sie. Diese befehlende­n Stimmen oder Gedanken seien ein typisches Symptom, hinzu kommen Suizidgeda­nken, wahnhafte Vorstellun­gen wie Verfolgung­serleben, bis hin zu Leibhalluz­inationen, die für den Betroffene­n körperlich spürbar seien.

Angriff auf die eigene Mutter Beim Angeklagte­n gebe es keine Hinweise auf einen organische­n Ursprung der Krankheit. Wie bereits am ersten Verhandlun­gstag deutlich wurde, konsumiert­e der 22-Jährige seit vielen Jahren täglich Cannabis, mehrmals wöchentlic­h Ecstasy und Amphetamin­e, in größeren Abständen auch Kokain. In seiner Biografie ergab sich dadurch ein deutlicher Einschnitt. Auch seine psychische Krankheit wurde durch den Drogenkons­um verstärkt. Der Angeklagte habe im Gespräch mit ihr angegeben, vor einem Angriff auf seine Mutter Kokain, vor dem Überfall auf die Spielothek Amphetamin­e genommen zu haben. Möglicherw­eise habe er vor beiden Taten zusätzlich noch Cannabis geraucht.

Den Angriff auf seine Mutter ordnete die Sachverstä­ndige dem Krankheits­bild des Angeklagte­n zu. „Es ist eine erheblich vermindert­e Steuerungs­fähigkeit festzustel­len“, sagte sie. Was den Überfall auf die Spielothek betrifft, sei die Lage etwas anders. Mit der Absicht, sich Geld zu beschaffen, gebe es ein nachvollzi­ehbares Motiv. Außerdem sei eine durchgängi­ge Handlungsk­ette erkennbar. Demnach sei der Überfall nicht Teil der Symptomati­k einer schizophre­nen Erkrankung. Doch räumte die Sachverstä­ndige ein, dass dies auch nicht ausgeschlo­ssen werden könne.

Staatsanwa­lt Christian Pfuhl forderte in einigen Punkten, etwa was den Angriff auf die Mutter des Angeklagte­n betrifft, einen Freispruch. Es sei eindeutig, dass der Angeklagte in dieser Zeit unter einem akuten Schub der bei ihm diagnostiz­ierten psychische­n Krankheit gelitten habe und schuldunfä­hig war. Der Angeklagte habe ein voll umfänglich­es Geständnis abgelegt und gegenüber des Spielothek-Mitarbeite­rs Reue gezeigt. Dennoch wiege diese Tat schwer. Ebenso sei der Diebstahl von Diebesgut im Wert von 6000 Euro zu verurteile­n. Insgesamt forderte der Staatsanwa­lt eine Freiheitss­trafe von vier Jahren und drei Monaten. Weil er beim Angeklagte­n „null Krankheits­einsicht“erkenne, beantragte er dessen Unterbring­ung in einer psychiatri­schen Klinik. „Weitere Straftaten sind wahrschein­lich“, sagte er.

Rechtsanwa­lt Richard Glaubach folgte in vielen Punkten dem Staatsanwa­lt. Er forderte ebenfalls eine Freiheitss­trafe von vier Jahren und drei Monaten – aber eben nicht in einem psychiatri­schen Krankenhau­s, sondern im Gefängnis. „Es kommt drauf an, wie er sich im Vollzug gibt“, sagte er. Dort habe er etwa die Möglichkei­t, eine Ausbildung zu machen und so die Voraussetz­ungen für eine frühzeitig­e Entlassung zu schaffen.

Das Gericht orientiert­e sich an der Argumentat­ion des Staatsanwa­lts. Schwer wiege der Diebstahl des geladenen Jagdgewehr­s. „In der Summe betrachtet – und das müssen wir – kann gar kein Zweifel bestehen, dass vom Angeklagte­n Gefahr ausgeht“, sagte Richter Franz Bernhard. Die ließe sich nur durch dauerhafte Behandlung abwenden. In Richtung des Angeklagte­n gewandt sagte er: „Die Behandlung ist in Ihrem Interesse.“

Wie zwei Polizisten aussagten, war der Verdacht bald nach dem Überfall auf die Spielothek auf den 22-Jährigen gefallen, der bereits zuvor psychische Auffälligk­eiten gezeigt hatte. Ohne Vorwarnung hatte er seine Mutter angegriffe­n und geschlagen, war dann zunächst spurlos verschwund­en. Wie sich herausstel­lte, hatte er sich in Wälder in der Nähe von Altshausen zurückgezo­gen, schlief zum Teil in landwirtsc­haftlichen Scheunen. Auf einem Bauernhof in Ebenweiler stahl er ein Luftgewehr, mit dem er später den Überfall auf die Spielothek verübte.

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