Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Neue Chance für Baugebiet auf dem Rinker-Areal
In den nächsten drei Jahren sollen 300 Wohneinheiten auf dem ehemaligen Vetter-Gelände entstehen
RAVENSBURG - Das ambitionierte Vorhaben stand kurz vor dem Aus. Jetzt sieht es danach aus, als würde das größte Konversionsprojekt in der Geschichte der Stadt Ravensburg bald schon Realität: Auf dem RinkerAreal in der östlichen Vorstadt soll eine fast 35 000 Quadratmeter große Gewerbefläche in ein Wohngebiet mit rund 300 Einheiten umgewandelt werden. Nach dem öffentlich ausgetragenen Ärger rund um das neue Bündnis für bezahlbaren Wohnraum haben Verkäufer, Käufer und Stadt nun einen Kompromiss gefunden, sagen die Verantwortlichen aller beteiligten Parteien.
Wie berichtet, standen die Familie Rinker als Besitzer sowie die Firmen Reisch und Rhomberg als Investoren schon in den Startlöchern, als der Ravensburger Gemeinderat im November 2016 das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum verabschiedete - und zwar rückwirkend. Das heißt, die neuen Bestimmungen galten von da an auch für Projekte, die bereits vor dem Beschluss konkret geplant worden waren. Reisch und Rhomberg sahen darauf das Vertrauensverhältnis mit der Stadt „massiv beschädigt“. Von diesen Auflagen sei in zahlreichen Gesprächen in den Monaten zuvor nie die Rede gewesen. Das Ravensburger Bündnis für bezahlbaren Wohnraum schreibt fest, dass in jedem neuen Bauprojekt ab zehn Wohneinheiten 20 Prozent der Fläche 15 Jahre lang mindestens 14 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete anzubieten sind.
„Vertrauensschutz ausgehebelt“Bei einem Pressegepräch am Mittwoch räumte auch Oberbürgermeister Daniel Rapp ein, dass die Gespräche danach überaus schwierig gewesen seien. „Wir müssen selbstkritisch sagen, das, was die Stadt abgeliefert hat, war nicht das, was unter partnerschaftlichem Miteinander verstanden wird.“„Wir waren überrascht, dass ein Vertrauensschutz derart ausgehebelt wurde“, so Joachim Nägele von der RhombergGeschäftsführung. Es hätten mehrere Optionen im Raum gestanden, darunter der Rückzug vom Projekt, aber auch eine Klage. Nägele: „Dann haben wir aber gemeinsam gesagt, wir gehen es noch einmal an und versucht, unter den neuen Rahmenbedingungen einen für allen tragfähigen Kompromiss zu finden. Das war nicht leicht, schließlich muss am Ende jemand die 14 Prozent zahlen.“Nun liege eine Lösung auf Verwaltungsebene vor. Am 15. März berät der Ausschuss für Umwelt und Technik, danach der Gemeinderat.
Das Rinker-Areal wird demnach nach den Vorgaben des Bündnisses entwickelt. Nach dem Auszug der Firma Vetter, deren Pachtvertrag am 31. Dezember 2016 ausgelaufen ist, könnte in der ersten Jahreshälfte 2018 bereits mit den Abbrucharbeiten auf dem Gelände begonnen werden. Wenn alles wie geplant läuft, dürften in drei Jahren die ersten Anwohner auf dem Gelände zwischen Holbein-und Wangener Straße einziehen.
Neuer Kindergarten Mit rund 300 Wohneineiten rechnen die Investoren, auch die Ansiedlung von Gewerbe ist grundsätzlich möglich. Fest eingeplant ist ein neuer Kindergarten mit der Infrastruktur für drei Gruppen. Einig sind sich die Stadt mit Reisch und Rhomberg darüber, dass ein wesentliches Ziel ein buntes Wohngebiet sein müsse, das sich nicht nur an eine Gruppe wende: Senioren, Studenten, Rentner und auch Familien sollen hier bezahlbare Wohnungen finden, so Ingo Traub, Geschäftsführer bei Reisch. Geplant würde deshalb auch „verdichtet“und in kleinen Einheiten, damit die Miete erschwinglich bleibt. Mehrfamilienhäuser mit fünf bis sechs Geschossen sind laut Baubürgermeister Dirk Bastin ebenso möglich wie zweigeschossige Gebäude
Ansonsten ist vieles in der Planung aber noch völlig offen. Ein städtebaulicher Wettbewerb mit Bürgerbeteiligung soll das optimale Ergebnis bringen. Oberbürgermeister Daniel Rapp: „Wir brauchen architektonische Qualität und müssen gleichzeitig inhaltlich gestalten.“Wachstum sei eine große Chance für die Stadt, es gelte jedoch, in der rasanten Dynamik keine Fehler zu machen. Der Standort des neuen Gebietes sei ideal: „Die Weiterentwicklung zum Wohnen an dieser Stelle ist absolut logisch, und sie folgt gleichzeitig dem Grundsatz Innen vor Außen.“
Die Verwaltung ist zudem überzeugt davon, dass die Umwidmung des Geländes für die Anwohner in puncto Verkehr eine deutliche Entlastung bringt. „Der Schwerlastverkehr von Vetter im Quartier fällt weg und dazu die Schichtwechsel an diesem Standort. Da sind bis vor Kurzem noch um 22 Uhr gut 200 Autos ein- und ausgefahren“, so Dirk Bastin. Auf dem Gelände werde die Planung von Parkplätzen eine wichtige Rolle spielen. OB Rapp: „Vermutlich wird es unter die Erde gehen.“