Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„African Queen“holt sich Afrika nach Ravensburg
Die Frau mit dem Turban setzt seit zehn Jahren auf Multi-Kulti-Geschäft in der Herrenstraße
RAVENSBURG - 111 Orte am Bodensee, die man gesehen haben muss – so heißt ein Reiseführer, der seine Leser an besondere Orte in Deutschland, Österreich und der Schweiz führt. Einer dieser besonderen Orte ist „African Queen“, ein Laden mit Restaurant in der Ravensburger Herrenstraße. Die personifizierte „afrikanische Königin“, Wirtin Martina Heiler, ist vielen Ravensburgern ein Begriff. Man kennt sie als die Frau mit dem Turban.
Turban schützt vor Sonne Den Turban hab ich mir abgeguckt bei den Frauen in Afrika“, sagt Heiler. „Ich lauf immer mit Turban rum, das schützt vor Sonne und Staub und geht schnell morgens.“Die 54-Jährige hat einen besonderen Draht zu Afrika. Angefangen hat ihre AfrikaBegeisterung, als sie acht Jahre alt war: Ihre Eltern hatten über Weihnachten einen Studenten aus Kenia eingeladen. „Der erste schwarze Mensch in meinem Leben“, erinnert sich die Wirtin. „Der hat mich so fasziniert, dass ich alles über Afrika gesammelt habe, Bücher, Filme…“
Heiler ist im Schwarzwald aufgewachsen. In Isny hat sie eine Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin gemacht. Anschließend hat sie 20 Jahre lang in der Engel-Apotheke in Ravensburg gearbeitet. „Über Arbeit, Heirat und Kinderkriegen hab ich Afrika aus den Augen verloren“, sagt sie. Bis sie beim Tanzen eine Familie aus Kamerun kennenlernte. Sie half ihren neuen Freunden, sich in Deutschland zurechtzufinden. Und begeisterte sich für das leckere Essen, zu dem die Afrikaner sie einluden. Im Spaß sagte sie dann wohl auch: „Ich mach mal ein afrikanisches Restaurant auf.“
Bis es so weit war, musste ihr Leben erst an einen toten Punkt kommen. Es gab Probleme mit der Gesundheit, mit der Familie – Veränderungen standen an. Sie flog zum ersten Mal nach Afrika. „Ich bin aus dem Flieger gestiegen und hatte das Gefühl: Endlich bin ich daheim.“Seither war sie in Gambia, im Senegal, in Marokko und Tunesien. Am besten gefallen hat ihr Sansibar: „Das ist meine Insel – so grün, so ruhig, so relaxt und mit den schönsten Stränden der Welt.“
Nach Afrika auswandern konnte Heiler nicht, ihre Familie lebte in Ravensburg. Also schaffte sie sich ihr eigenes Afrika vor Ort, übernahm den Laden in der Herrenstraße, besorgte eine Gastronomie-Konzession. „Mir war klar, nur als Laden geht das hier nicht“, sagt sie. „Da muss ein Multikonzept her.“Multikonzept heißt: Sie verkauft exotischen Schmuck, Tücher, Kleider und Hüte, dazu Deko-Artikel wie Bastkörbe, Lampen, Giraffen und Elefanten. Mittendrin serviert sie ihren Gästen täglich einen Mittagstisch mit drei Gerichten zur Auswahl: afrikanisch, international und vegetarisch. Auf Wunsch gibt es Catering für Feste und Feiern.
Geschäft hat zehn Mitarbeiter „Das ist arbeitsintensiv“, gibt Heiler zu. In ihrem Laden arbeiten zehn Leute, neben ihr und Koch Musa Jeng aus Gambia noch zwei Beiköche und weitere Mitarbeiterinnen in Teilzeit – seit fast zehn Jahren in derselben Besetzung. Die Chefin selber verbringt montags bis samstags jeweils zehn Stunden im Laden, sonntags kommen meist noch zwei Stunden Büroarbeit dazu.
„Der Laden braucht meine ganze Energie“, sagt Heiler. Das ist nicht als Klage gemeint. Unter dem Turban strahlt eine glückliche African Queen, wenn sie sagt: „Der Laden ist mein Leben.“