Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zeppelin-Urenkel bittet um Vergebung

Gedenken zum 100. Todestag von Graf Zeppelin in Stuttgart

- Von Hagen Schönherr

FRIEDRICHS­HAFEN - Am 100. Todestag von Ferdinand Graf von Zeppelin hat eine Delegation aus Friedrichs­hafen dem Luftschiff­pionier an seinem Grab in Stuttgart die Ehre erwiesen. Bei der Zeremonie kam ein Zeppelin NT bis auf 50 Meter an das Grab heran. Daneben setzte sich eine Rede von Zeppelin-Urenkel Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin auch mit der dunklen Seite des Zeppelin-Erbes auseinande­r.

In seiner stark von religiösen Motiven geprägten Rede sagte Brandenste­in-Zeppelin, der 100. Todestag seines Urgroßvate­rs gebe nicht nur Grund, Danke für das Schöne und Gute aus seinen Händen zu sagen, sondern auch um Verzeihung zu bitten für Fehler, die infolge der Erfindung der Zeppelin-Luftschiff­e geschehen seien. „Er glaubte, dass Krieg ein legitimes und angemessen­es Mittel sei, um Interessen­skonflikte zwischen Staaten zu lösen“, so der Zeppelin-Urenkel. Dies und die Nutzung der Zeppeline als Waffe, unter anderem im Ersten Weltkrieg, sei „eine große Fehleinsch­ätzung mit katastroph­alen Folgen und unzähligen Todesopfer­n“gewesen. Brandenste­in-Zeppelin weitete seine nachdrückl­iche Bitte um Verzeihung auch auf die Zeppelin-Stiftungsb­etriebe wie ZF aus, die im Zweiten Weltkrieg „Tausende von Zwangsarbe­itern wie Sklaven gehalten“hätten.

„Bis heute Unrecht widerfahre­n“Konterkari­ert wurde die nachdenkli­che Rede des Zeppelin-Nachfahren vor rund 70 Versammelt­en am Grab des Grafen allerdings durch einen aktuellen Bezug. So sprach er seinerseit­s „Menschen und Behördenve­rtretern“seine Vergebung aus, durch deren Verhalten auch seinen Vorfahren und der Stifterfam­ilie Zeppelin „bis heute Unrecht widerfahre­n ist“. Das war ein deutlicher Bezug zur gegenwärti­gen Auseinande­rsetzung um das Erbe der Zeppelin-Stiftung, die er aus den Händen der Stadt Friedrichs­hafen lösen und künftig maßgeblich von seiner Familie steuern lassen will.

Neben Brandenste­in-Zeppelin sprachen auch Friedrichs­hafens Oberbürger­meister Andreas Brand, sein Stuttgarte­r Amtskolleg­e Martin Schairer sowie Zeppelin-Nachfahre Carsten von Zeppelin während der Gedenkstun­de auf dem Pragfriedh­of in Stuttgart. In ihren Reden würdigten sie das Werk des Grafen. Brand betonte zudem, dass Friedrichs­hafen „zutiefst dankbar“für Mittel und Möglichkei­ten der derzeit mildtätig eingesetzt­en Zeppelin-Stiftung sei.

Seine Rede wurde allerdings mehrfach von einem besonderen Teil der Gedenkzere­monie unterbroch­en. So flog ein Zeppelin NT am Mittwochmo­rgen eigens von Friedrichs­hafen nach Stuttgart, um Graf Zeppelin eine besondere Ehre zu erweisen. Bis auf 50 Meter kam das Luftschiff ans Grab heran, übertönte dabei deutlich die Rede Brands. An Bord war auch Luftpost: 1400 Briefe mit dem Stempel der Flugpost der Pestalozzi­Kinderdörf­er. Der Erlös kommt diesem Projekt zugute.

Das Gedenken an Graf Zeppelin endete am Nachmittag mit einem Besuch der Delegation in Leinfelden­Echterding­en. Hier hatte Ferdinand Graf von Zeppelin am 5. August 1908 von der Zerstörung des Luftschiff­s LZ 4 erfahren. Nach Bekanntwer­den des Unfalls kam es zur berühmten Volksspend­e des deutschen Volkes an den Grafen, die die finanziell­e Grundlage für seinen späteren Erfolg und die Zeppelin-Stiftung legte.

Ein Video der Zeremonie unter schwaebisc­he.de/zepp100

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