Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Towerstars raufen sich endlich zusammen
Aussprache vor dem Freiburgspiel trägt Früchte – Jimmy Hertel vom Babyglück zum Pre-Play-off-Helden
Dramatik pur – das ist Play-offEishockey, und die bot bereits das erste Pre-Play-offSpiel der Ravensburg Towerstars am Dienstagabend beim EHC Freiburg. Erst in der 5. Minute der Overtime erlöste Adam Lapsanksky die Ravensburger mit seinem Tor zum 4:3 für die Towerstars, bis dahin bot das Spiel Kampf, Spannung und klasse Tore.
Ohne Abtasten ging es rauf und runter, mit vielen Chancen auf beiden Seiten, „was man als Trainer eigentlich nicht so gerne sieht“, wie es der Ravensburger Coach Christopher Oravec nach dem Spiel formulierte. Für den Towerstars-Trainer war es die „geschlossene Mannschaftsleistung“, die am Ende den Sieg brachte. „Die Chancen für uns waren da“, sagte Freiburgs Coach Leos Sulak nach dem Spiel, „aber Ravensburgs Goalie hat ein sehr gutes Spiel gemacht.“Der Wölfe-Coach fordert von seinen Spielern, dass sie in den Play-offs jede Scheibe zum Tor bringen, „da gibt es keinen Schönheitspreis zu gewinnen. Wir fahren am Freitag nach Ravensburg, um uns noch mal ein Heimspiel für Sonntag zu holen.“
Für Christopher Oravec war es der erste Sieg, seit er nach der Erkrankung und dem tragischen Tod von Toni Krinner die Verantwortung bei den Towerstars übertragen bekam. Nach fünf Niederlagen am Ende der Hauptrunde gab es jetzt
endlich das erste Erfolgserlebnis für Oravec. „Dieser Sieg steht, darauf können wir aufbauen“, sagte Oravec nach dem Spiel. Und dabei waren die Voraussetzungen nicht sonderlich gut. Denn neben den Langzeitverletzten Mathieu Tousignant und Daniel Pfaffengut fiel auch noch Brian Roloff aus, Förderlizenzspieler Hans Detsch musste bei Augsburg ran. Deshalb reichte es nur für drei – wieder zwangsweise neu formierte – Reihen. Philipp Schlager musste in Reihe zwei neben Lapsansky und Daniel Schwamberger als Mittelstürmer ran. Die drei harmonierten auf Anhieb sehr gut, drei Tore
standen am Ende für Reihe zwei zu Buche. Vor allem der junge Schwamberger wusste zu überzeugen und machte zwei ganz wichtige Tore. „Er hat seine Chance genutzt und seine Schnelligkeit umgesetzt“, sagte Oravec über den 21-Jährigen. In Reihe eins spielten Ivan Rachunek, Vincenz Mayer und Norman Hauner, in Reihe drei Stephan Vogt mit Max Brandl und Jesse Mychan. Überzählig waren damit Jonas Schlenker und Philipp de Paly, die keine Eiszeit bekamen. „Das heißt nicht, dass es so bleibt“, sagte der Trainer. Da aber auch Freiburg derzeit nur drei Reihen aufs Eis bringt, passte der Rhythmus,
gut möglich, dass es am Freitag so weitergeht.
Neben dem wiedererstarkten Kampfgeist war bei den Towerstars vor allem die mentale Stärke bemerkenswert. Im Freiburger Hexenkessel traten die Ravensburger abgeklärt auf und ließen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Sogar nachdem man in der 47. Minute erstmals in Rückstand geriet, wichen die Ravensburger nicht vom Matchplan ab. „Das ist der Mannschaft hoch anzurechnen, dass wir noch den Ausgleich und das Siegtor geschafft haben, sie hat sich nicht beirren lassen“, sagte Oravec.
Eine erstklassige Leistung zeigte Towerstars-Goalie Jimmy Hertel, der Backup rutschte nur ins Team, weil sich Jonas Langmann durch seine Matchstrafe in Bad Nauheim eine Sperre eingefangen hatte. „Jimmy ist frisch, er hat den Kopf frei“, sagte Oravec, „er hat mir signalisiert, dass er bereit ist, und er hat Wort gehalten.“Der 25-Jährige Hertel dankte im Gespräch mit der SZ erst mal seiner Frau, die ihm derzeit den Rücken freihalte. Vor drei Wochen kam Töchterchen Vivian auf die Welt. „Sie hat die Kleine versorgt, sonst wäre meine Leistung heute nicht möglich gewesen.“Hertel zeigte am Dienstag Paraden in Serie und hielt die Ravensburger oft im Spiel. „Für solche Spiele lebt man als Eishockeyspieler, ich hoffe, ich konnte endlich zeigen, was ich kann.“Hertel verwies darauf, dass auch seine Vorderleute jede Menge Schüsse blockten.
Im Abwehrverbund überstanden die Towerstars so fünf Unterzahlsituationen unbeschadet. Der neue Teamgeist ist wohl auch einer Besprechung am Montag zu verdanken, bei der sich die Spieler ohne Trainer und Verantwortliche aussprachen. „Wir haben über alles gesprochen und uns bewusst gemacht, was wir für eine Qualität haben“, sagte Hertel. „Wir haben auch klar gesagt, dass wir das für den Toni machen. Man hat gesehen, dass heute jeder für jeden gekämpft hat, das Meeting war auf jeden Fall ausschlaggebend.“
Bleibt aus Ravensburger Sicht zu hoffen, dass die Leistung vom Dienstag keine Eintagsfliege war. Nach dem wichtigen Auswärtssieg im Modus Best-of-three können die Towerstars bereits am Freitagabend (20 Uhr) zu Hause das Ticket für die Play-offs buchen. Bei einer Ravensburger Niederlage fände das entscheidende Spiel der Serie dann am Sonntag (18.30 Uhr) in Freiburg statt. Wie auch immer es weitergeht, eins wird es auf jeden Fall geben: Dramatik pur.