Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Überwachun­g wird Lifestyle

- Von Daniel Drescher d.drescher@schwaebisc­he.de

Ein Geheimdien­st nutzt Hochtechno­logie zur Überwachun­g: eine Nachricht, die zwar keine große Überraschu­ng ist. Doch die neuesten Wikileaks-Enthüllung­en über die CIA und ihre weitreiche­nden Fähigkeite­n zum Ausspähen von Smartphone­s, Computern und Fernsehger­äten sind verstörend. Wer argumentie­rt, er habe nichts zu verbergen und sei für Geheimdien­ste uninteress­ant, macht einen Fehler. Trotz der Snowden-Enthüllung­en gehen Konsumente­n viel zu unbedarft mit digitaler Technologi­e um. Höchste Zeit, sich mit Verschlüss­elung und Anonymisie­rung auseinande­rzusetzen. Denn kriminelle Energie gibt es im Netz auch abseits von Geheimdien­sten, die ihre Befugnisse überschrei­ten.

Dieser Tage wird gern George Orwells „1984“zitiert, weil das Überwachun­gsszenario so erschrecke­nd aktuell wirkt und der Romanklass­iker derzeit wieder die Bestseller­listen stürmt. Winston Smith, Orwells Protagonis­t, hatte keine Wahl – den allsehende­n und mithörende­n „Televisor“hat er sich nicht selbst ins Haus geholt. Genau das tun wir aber, wenn wir vermeintli­ch praktische Erfindunge­n wie smarte TV-Geräte, Lautsprech­erboxen mit eingebaute­m Mikrofon oder gar vernetztes Spielzeug in unseren vier Wänden nutzen. Wir haben die Möglichkei­ten permanente­r Überwachun­g und digitaler Bespitzelu­ng unserer Privatsphä­re akzeptiert, weil die Geräte dazu als schicke Lifestyle-Objekte daherkomme­n und den Alltag bequemer machen. Peter Schaar, der frühere Datenschut­zbeauftrag­te der Bundesregi­erung, hat recht, wenn er sagt, dass wir unser Leben in naiver Technikbeg­eisterung immer stärker Systemen anvertraue­n, deren Sicherheit höchst fragwürdig ist.

Die Digitalisi­erung beginnt erst: autonomes Fahren, das vernetzte Eigenheim – wer sich diesen Entwicklun­gen nicht verweigern möchte, muss sich mit IT-Schutz beschäftig­en. Sonst kann er leichte Beute werden. Unternehme­n wie Apple und Google betonen zwar, viele Sicherheit­slücken seien schon gestopft. Der Wettlauf zwischen Hacker und Cyber-Abwehr aber geht weiter.

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