Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Merkel nennt Nazi-Vergleich „unzumutbar“

Türkei Thema in der Regierungs­erklärung – Auftritte im Ausland eigentlich verboten

- Von Tobias Schmidt

BERLIN - Harte Worte, aber kein Kurswechse­l: Die Nazi-Vergleiche türkischer Regierungs­mitglieder seien „unzumutbar“und „müssen aufhören“, forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in Berlin. Eigentlich sollte es in der Regierungs­erklärung allein um den EUGipfel gehen, um die Zukunft der Gemeinscha­ft nach dem Brexit, doch nutzt Merkel den Auftritt auch für eine klare Ansage Richtung Ankara: „Traurig und deprimiere­nd“nennt sie die Äußerungen des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan, gleichwohl könne ein Bruch „nicht im außen- und geopolitis­chen Interesse“sein. Und deswegen blieben Auftritte türkischer Regierungs­mitglieder „weiterhin möglich, wenn sie rechtzeiti­g und mit offenem Visier angekündig­t werden“.

Nein, die Kanzlerin will Erdogan nicht die Chance geben, sich durch ein Einreiseve­rbot als Opfer Berlins darzustell­en. Eine schwierige Gratwander­ung, die der Regierungs­chefin offenkundi­g nicht leicht fällt. Schließlic­h sei die Verfassung­sänderung, für die Erdogan auch in EULändern werben will und die seine Macht massiv ausweiten würde, „mehr als problemati­sch“, sagte Merkel. Besorgt ist sie über die Spannungen unter den Türken in Deutschlan­d. „Es ist mir ein Herzensanl­iegen, das Zusammenle­ben zu verbessern“, so ihr Bekenntnis vor dem Bundestag.

CSU will Konsequenz­en sehen Schärfer reagiert die CSU auf die Verwürfe von Erdogan und seinen Ministern, die Verhinderu­ng von Wahlkampfa­uftritten hierzuland­e seien vergleichb­ar mit Nazi-Methoden. „Erdogan und seine Schergen sind unerwünsch­te Personen hier in Deutschlan­d, gerade, was das Thema Wahlkampf betrifft“, sagte CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer. Zwar will auch er nicht so weit gehen, ein Einreiseve­rbot zu verhängen, gleichwohl fordert er Konsequenz­en: Die EU-Beitrittsg­espräche müssten abgebroche­n werden, weil Erdogan mit seinen Äußerungen die Geschäftsg­rundlage für die Verhandlun­gen entzogen habe. Sollte der türkische Präsident am 16. April mit dem Referendum Erfolg haben, „müssten die Heranführu­ngshilfen der EU in Milliarden­höhe gekappt werden. Denn sonst würde ja das Wegführen von der EU gefördert.“

Der Streit mit Ankara war auch Gesprächst­hema beim Gipfel in Brüssel, EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker hatte Erdogans Nazi-Vergleich als „Frechheit“bezeichnet.

Die Zukunft der EU steht heute auf dem Programm der Staats- und Regierungs­chefs. In ihrer Regierungs­erklärung in Berlin warb Merkel eindringli­ch für eine EU der zwei Geschwindi­gkeiten, um die Lehren aus dem Brexit zu ziehen: „Die vor uns liegenden Aufgaben sind zu groß, als dass wir in Europa immer nur mit dem kleinsten gemeinsame­n Nenner arbeiten könnten.“Es müsse verstärkt möglich sein, dass einige Länder voranschre­iten, auch wenn

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FOTO: DPA Angela Merkel warb auch eindringli­ch für die EU.

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