Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Europäer
Am Ende hat er sich durchgesetzt: Der polnische Ex-Regierungschef Donald Tusk bleibt bis Ende 2019 EU-Ratspräsident. Gegen den lautstarken Protest seines Heimatlands wurde der 59-Jährige am Donnerstag in seinem hohen EU-Amt bestätigt.
Der Widerstand aus Warschau erklärt sich aus einer politischen Fehde zwischen dem Liberalen Tusk und der rechtskonservativen Regierungspartei PiS. Tusk war von 2007 bis 2014 Ministerpräsident und geriet aneinander mit dem von der PiS gestellten Präsidenten Lech Kaczynski. Als dieser 2010 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, unterstellte Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski der Regierung mangelnden Aufklärungswillen und verzieh Tusk nie. Kaczynskis PiS stellt seit Ende 2015 die Regierung.
Anders als die Kaczynskis gilt Tusk als überzeugter Europäer. 1957 in Danzig geboren, war er als Geschichtsstudent in der Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc aktiv. Als 1981 in Polen das Kriegsrecht ausgerufen wurde, kam er für kurze Zeit ins Gefängnis. Nach der Wende in Polen gründete Tusk 2001 die liberalkonservative Partei Bürgerplattform und verankerte später als Regierungschef sein Land fest in der EU und erhielt für seinen Einsatz 2010 den Aachener Karlspreis. 2014 ließ er sich nach Brüssel wegloben.
Als Ratschef muss er die EU-Länder zusammenhalten und die Gipfel organisieren. Vor allem seit dem Brexit-Votum in Großbritannien und seit der Wahl von US-Präsident Donald Trump gewann der durchtrainierte Läufer dabei Profil. Kanzlerin Angela Merkel sagt, sie freue sich auf die weitere Zusammenarbeit.
Nicht so die polnische Regierung. Nach dem gescheiterten Widerstand gegen die Wiederwahl von Tusk will Polen weitere Entscheidungen auf dem EU-Gipfel verhindern. (dpa)