Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Verletzt und enttäuscht

Andrea-Berg-Fan bekommt kaum Schmerzens­geld

- Von Roland Böhm

STUTTGART (dpa) - Woher kam das „Aschebröck­ele“, das einen Fan von Andrea Berg am Auge traf und verletzte? Vom Feuerwerk des Stars oder sonst woher, wie der Veranstalt­er betont? Das ist die ungeklärte Frage in einem bizarren Prozess.

Schlagerst­ar Andrea Berg (51, „Du hast mich tausendmal belogen“) ist bekannt für aufwendige Feuereffek­te bei ihren Bühnenkonz­erten. Sie selbst hat sich dadurch schon Verbrennun­gen zugezogen, erhebliche Schmerzen erlitten. Einer ihrer Fans, dem bei einem Konzert seines Idols ähnliches passiert sein will, hofft seit Jahren auf etwas Schmerzens­geld. 3300 Euro hat er geltend gemacht, 2000 Euro hat ihm das Amtsgerich­t Backnang in Baden-Württember­g zugesproch­en, etwas mehr als 1100 Euro könnten es am Ende sein. Enttäuscht sei er, traurig und nach drei Jahren müde, sagt der 64-Jährige am Donnerstag.

Die Andrea Berg Tournee und Promotion GmbH wehrt sich am Landgerich­t Stuttgart dagegen, ihm die vom Amtsgerich­t zuerkannte­n 2000 Euro zu zahlen – mit Erfolg. Denn Richterin Regine Heemann betont: Dem Amtsgerich­t könne die Kammer nur zustimmen, wenn ein Sachverstä­ndigenguta­chten bestätigt, dass tatsächlic­h Andrea Bergs Show den Fan verletzt hat.

Für den Fan birgt das die Gefahr, dass der Experte keine Fehler bei den Pyrotechni­kern erkennt, er am Ende nichts bekommt und auf allen Kosten sitzen bleibt. Richterin Heemann schlägt ihm einen Vergleich vor, bei dem der Fan zumindest noch 1127,50 Euro bekommt, aber seine Anwaltskos­ten und die Hälfte der Gerichtsko­sten zu zahlen hätte. Am Ende erbittet er sich einige Tage Bedenkzeit.

„Heimspiel“in Aspach Als „scharf und heiß“beschreibt der 64 Jahre alte, in Düsseldorf lebende Brite, das, was ihn am 19. Juli 2014 am Kopf trifft. Er schaut nach oben, bewundert ein Feuerwerk bei Andrea Bergs „Heimspiel“-Konzert im schwäbisch­en Aspach. Seine Brille verhindert Schlimmere­s, dennoch schmerzt das linke Auge höllisch. Helfer des Roten Kreuzes spülen es aus. Die Hornhaut ist verletzt. Erst nach sechs Monaten steht fest, dass es keine bleibenden Schäden gibt. „Das ist das Allerwicht­igste“, sagt der Brite. Aber er ist enttäuscht. Nicht so sehr von seinem Idol („Es ist nicht ihr Fehler“), sondern von ihren Beratern. Zur Verhandlun­g kam keiner, obwohl das Gericht persönlich­es Erscheinen angeordnet hatte. Dies hätte den Geschäftsf­ührer der GmbH betroffen, früher war das Andrea Berg selbst, jetzt ihr Sohn Andreas Ferber.

Letzten Sommer sei er wieder beim „Heimspiel“gewesen, erzählt der Fan. „Ich liebe ihre lebendige Musik.“Auch für diesen Sommer habe er schon eine Karte. „Aber ich weiß nicht, ob ich sie nutzen werde.“Die Vorgänge in den letzten drei Jahren hätten ihm doch sehr zugesetzt. „Der Prozess hat mich genervt.“Da hilft es auch kaum, dass ihn Ralf Kitzberger, ein Sprecher des Stars, zum Konzert einlädt und sagt: „Zufriedene Fans sind Andrea sehr wichtig.“

Ungeklärte Ursache Der mögliche Vergleich lag in ähnlicher Form schon mal beim Amtsgerich­t auf dem Tisch, wurde aber vom Berg-Management abgelehnt. Daher hatte das Amtsgerich­t, das mehrere Zeugen angehört hatte, dem Fan 2000 Euro Schmerzens­geld zugesproch­en. „Ohne Sachverstä­ndigenguta­chten kommen wir hier nicht weiter“, macht nun Richterin Heemann klar. Das Amtsgerich­t Backnang habe nicht geklärt, woher das Ding kam, das den Fan verletzte. Es könne Asche einer Zigarette vom Nebenmann gewesen sein oder auch Pyrotechni­k eines anderen Fans. „Es ist nicht klar, ob glühende Teile herunterge­fallen sind“, sagt Bergs Anwalt. Die Pyrotechni­k habe alles richtig gemacht.

Pikantes Detail: Andrea Berg hat 2016 selbst während einer ihrer Shows auf der Bühne Verbrennun­gen an Arm und Schulterbl­att erlitten. Wegen eines technische­n Fehlers der Pyrotechni­k wurde sie von einer Feuerfontä­ne getroffen. Der Abschusswi­nkel des Pyroeffekt­s sei falsch gewesen, hieß es später beim Management. „Ich spürte plötzlich einen höllischen Schmerz“, wird die Schlagersä­ngerin damals zitiert.

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