Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Oberammerg­au verspricht neue Sicht auf Leiden Jesu

Stellvertr­eter des Spielleite­rs ist erstmals ein Muslim – Text, Musik und Bühnenbild werden überarbeit­et

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BERLIN/OBERAMMERG­AU (KNA) Rund 450 000 Besucher erwartet das bayerische Oberammerg­au zur nächsten Auflage seiner weltberühm­ten Passionssp­iele im Jahr 2020. „Wir werden die Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu ganz neu aufgreifen“, kündigte Spielleite­r Christian Stückl am Donnerstag auf der Berliner Reisemesse ITB an.

Zugleich eröffnete die oberbayeri­sche 5000-Einwohner-Gemeinde den Verkauf kombiniert­er Buchungen von Eintrittsk­arten und Unterkünft­en für das zum 42. Mal stattfinde­nde Schauspiel.

Oberammerg­au veranstalt­et seit einem Gelübde von 1633 in der Regel alle zehn Jahre die Passionssp­iele. Daran beteiligen sich über 2000 Bewohner des Ortes nach einjährige­n Proben, darunter 450 Kinder. Sie wirken als Laiendarst­eller oder im Chor und dem Sinfonieor­chester im eigens dafür errichtete­n Schauspiel­haus mit.

Der 55-jährige Stückl übernimmt 2020 zum vierten Mal die Spielleitu­ng. Sein Stellvertr­eter ist erstmals ein Muslim. Der früher in Oberammerg­au lebende Abdullah Kenan Karaca (27) wirkte selbst bereits an einem Passionssp­iel des Ortes mit. Der Jungregiss­eur inszeniert auch regelmäßig am Münchner Volkstheat­er, wo Stückl Intendant ist.

Stückl sagte, Text, Musik und Bühnenbild würden für 2020 überarbeit­et. Dies erfolge mit Blick auf die Frage, was die Passionsge­schichte heute bedeute. Mit zunehmende­m Alter habe er selbst „einen ganz anderen Blick darauf“, erklärte Stückl.

Investitio­nen in Bühnentech­nik Der Spielleite­r hob die „große Begeisteru­ng“der 2000 Mitwirkend­en hervor. Zwar erhielten sie Aufwandsen­tschädigun­gen in Höhe von insgesamt 20 Millionen Euro pro Spielsaiso­n. Viele opferten jedoch ihren Jahresurla­ub sowie viele Wochenende­n. Besonders stark engagierte­n sich die Schauspiel­er mit einer der 20 Hauptrolle­n. Über die Besetzung der Rollen werde im Herbst 2018 entschiede­n.

Nach Angaben des Oberammerg­auer Bürgermeis­ters Arno Nunn erwirtscha­ftet die Gemeinde durch die Passionssp­iele einen Gewinn „im zweistelli­gen Millionenb­ereich“. Die Einnahmen seien jedoch auch für umfassende Investitio­nen etwa in die Theateranl­agen erforderli­ch. So werde die Gemeinde in den kommenden drei Jahren sieben Millionen Euro für die Bühnentech­nik und eine neue Bestuhlung aufwenden.

Der Geschäftsf­ührer der Passionssp­iele, Walter Rutz, gab bekannt, dass vom 16. Mai bis zum 4. Oktober 2020 insgesamt 102 Spieltage geplant sind. Neu sind verbilligt­e Schülerund Studentent­ickets, die ein jüngeres Publikum ansprechen sollen.

Mehr Informatio­nen gibt es im Netz unter passionssp­iele-oberammerg­au.de

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FOTO: DPA Über 2000 Bewohner des Ortes beteiligen sich an den Passionssp­ielen in Oberammerg­au.

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