Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Herausford­erung „Raue Luft“

Bei der Premiere der „Raw Air“-Serie geht es für die Skispringe­r um viel Geld

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OSLO (SID/dpa) - Andreas Wellinger spürt die WM in Lahti noch immer in seinen Knochen, der größte Stress steht ihm jedoch erst noch bevor. „Das werden zehn sehr, sehr anstrengen­de Tage“, sagt der 21-Jährige vor dem Auftakt der neuen SkisprungS­erie „Raw Air“am Freitag, einer Art Vierschanz­entournee in Norwegen. Nur noch eine Spur härter als das Original – ohne einen einzigen Ruhetag nämlich.

Von der „extremsten“SkisprungS­erie der Welt spricht Koordinato­r Arne Abraten dann auch. Bis zum 19. März finden in Oslo, Lillehamme­r, Trondheim und Vikersund in nur zehn Tagen sechs WeltcupSpr­ingen statt. Das Besondere (neben der stets gemeinsame­n Weiterreis­e aller Teams per Bus): Auch die Ergebnisse der Qualifikat­ion und der beiden Teamwettbe­werbe fließen in die Gesamtwert­ung ein; bis zum Finale, dem Skifliegen vom Vikersundb­akken, geht es somit jeden Tag um Punkte.

„Das wird eine echte Herausford­erung. Mal schauen, wer sein Level über zehn Tage hochhalten und insgesamt 16 Sprünge auf einem Topniveau machen kann“, sagt Wellinger. Der zweifache Vizeweltme­ister von Lahti gilt neben dem in Finnland nicht zu schlagende­n Österreich­er Stefan Kraft als einer der Favoriten auf die 60 000 Euro für den Gesamtsieg. Zum Vergleich: Bei der Vierschanz­entournee in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirc­hen, Innsbruck und Bischofsho­fen erhält der Gewinner nur 18 600 Euro.

Auch deshalb scheuen die Macher jeden Vergleich mit der seit 1953 bestehende­n Serie rund um den Jahreswech­sel. „Raw Air wird keine Kopie der Vierschanz­entournee. Wir möchten und werden nicht in Konkurrenz zu dieser großartige­n Veranstalt­ung treten“, sagte Manager Abraten schon im vergangene­n Sommer, als der Internatio­nale Skiverband FIS das neue Konzept abgesegnet hatte.

Im Skisprungz­irkus stieß die Idee größtentei­ls auf Wohlwollen. „Da hat sich jemand was überlegt, und das finde ich gut“, sagt Bundestrai­ner Werner Schuster und hofft auf eine Signalwirk­ung: „Vielleicht werden andere Veranstalt­er aufgerütte­lt, egal, ob die Tournee oder andere, und sehen: ,Hey, die machen was draus.‘“Zwei, drei Höhepunkte im Winter seien besser als „immer nur Weltcup, Weltcup, Weltcup“.

Größter „Raw Air“-Gewinner werde am Ende ohnehin das Skispringe­n sein, glaubt Schuster. „Ich habe vergangene­n Sommer Olympia geschaut. Da waren Sportler dabei, die trainieren vier Jahre, damit sie einmal eine Stunde ins Fernsehen kommen. Das sind arme Schweine“, sagte der Österreich­er. „Wenn es für uns die Möglichkei­t gibt, die Leute in den Fokus zu rücken, dann nehmen wir das (das dichte Programm; d. Red.) auch in Kauf. Ich sehe das in der Summe positiv.“Das gelte auch für seinen Vorflieger Wellinger, auch wenn der Bayer den WM-Stress noch immer spüre: „Er hat am Ende ein bisschen Knieschmer­zen bekommen, er hat viele weite Sprünge gemacht“, sagt Schuster. „Hoffentlic­h wird die ,Raw Air‘ also nicht zu rau.“

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FOTO: DPA Hier ist die Luft ganz besonders rau: Am Vikersundb­akken, wo Weltrekord (251,5 Meter) geflogen wurde, endet die „Raw Air“-Serie.

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