Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Opposition fordert Auftrittsv­erbote

Bundesverf­assungsger­ichts-Beschluss verstärkt Streit um türkische Wahlkampft­ermine

- Von Rasmus Buchsteine­r, Tobias Schmidt und dpa

BERLIN/RAVENSBURG - Nach der Klarstellu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts zu Wahlkampft­erminen türkischer Politiker in Deutschlan­d wächst der Druck auf die Bundesregi­erung. Seitens der Opposition wird der Ruf nach Verboten solcher Auftritte laut.

„Das Bundesverf­assungsger­icht hat klargestel­lt, dass es kein Grundrecht für ausländisc­he Regierungs­mitglieder gibt, in Deutschlan­d einen Werbefeldz­ug für eine Diktatur durchzufüh­ren“, erklärte LinkenPart­eichef Bernd Riexinger am Freitag. „Die Bundeskanz­lerin kann die im großen Stil geplanten öffentlich­en Auftritte für die Errichtung einer Diktatur nicht weiter stillschwe­igend hinnehmen, sie darf und muss sie verhindern.“Grünen-Innenexper­te Volker Beck sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“, der Beschluss gebe der Bundesregi­erung Handlungss­pielräume für eine klare Kante gegenüber Ankara in dieser Frage: „Wahlkampf zur Schwächung der türkischen Demokratie durch türkische Regierungs­mitglieder ist in Deutschlan­d unerwünsch­t, das sollte die Kanzlerin Ankara unmissvers­tändlich klarmachen.“Noch deutlicher wurde der FDP-Chef. „Die Bundesregi­erung macht bewusst von ihren Möglichkei­ten keinen Gebrauch, die Werbung für eine autoritäre Türkei bei uns zu unterbinde­n“, sagte Christian Lindner der „Heilbronne­r Stimme“. Sie sei „in der Pflicht, ihre laxe Haltung abzulegen“.

Dagegen lehnt SPD-Außenpolit­iker Niels Annen Auftrittsv­erbote für türkische Politiker ab. „Ich halte ein Einreiseve­rbot aber für den falschen Weg“, so Annen. „Unsere Demokratie ist stark genug, Meinungsäu­ßerungen auszuhalte­n, mit denen wir nicht einverstan­den sind.“

Zuvor hatte das Bundesverf­assungsger­icht im Rahmen einer abgewiesen­en Verfassung­sbeschwerd­e erklärt, dass weder das Grundgeset­z noch das Völkerrech­t ausländisc­hen Staatsober­häuptern und Regierungs­mitglieder­n einen Anspruch gebe, nach Deutschlan­d zu reisen, um amtliche Funktionen auszuüben.

Die Bundesregi­erung erklärte jedoch noch am Freitag, auch nach dem Karlsruher Beschluss keine Einreiseve­rbote zu verhängen.

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