Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Länder spielen bei Dobrindts Maut-Plänen auf Zeit
Bundesrat fordert Ausnahmen im Grenzgebiet – Verzögerungen könnten Projekt scheitern lassen
BERLIN - Im Ringen um die PkwMaut wollen die Länder noch Ausnahmen für Grenzregionen erkämpfen. Der Bundesrat forderte am Freitag, auf bestimmten Autobahn-Abschnitten solle die Mautpflicht ausgesetzt werden können, „wenn dies zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf grenznahe Unternehmen gerechtfertigt ist“.
Eigentlich sind die Argumente ja ausgetauscht – auch wenn Gutachter noch über die Rechtsmäßigkeit der Maut streiten und über Dobrindts Prognose, die sich auf Netto-Einnahmen von gut 500 Millionen Euro jährlich beläuft. Nachdem die EU-Kommission grünes Licht gegeben und der Minister seine Pläne in zwei Punkten angepasst hat – bei den Kurzzeitvignetten und bei der Kfz-Steuerentlastung für besonders schadstoffarme Fahrzeuge – hat nun das Gesetzgebungsverfahren begonnen.
Im Bundesrat pochten die Länder auf Ausnahmen in Grenzgebieten und wollen Klarheit über die Einnahmen – und eine eigene Prognose aus dem Bundesfinanzministerium. Dobrindt droht allmählich die Zeit davon zu laufen. Jede weitere Verzögerung könnte dazu führen, dass die Maut es nicht mehr vor der Bundestagswahl ins Bundesgesetzblatt schafft. Und nach dem 24. September würden die Karten ohnehin neu gemischt. Spannend wird nun, ob es dem Verkehrsminister in den nächsten Tagen und Wochen gelingt, eine Bundesratsmehrheit von mindestens 35 Stimmen für die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verhindern. Es wäre nicht zum ersten Mal, dass ein umstrittenes Vorhaben in dem Gremium kurz vor einer Wahl beerdigt würde.
Hermann kritisiert „Flatrate“Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann sprach sich gegen die Maut aus. „Ausländermaut bleibt Ausländermaut“, sagte der Grünen-Politiker am Freitag. Die Maut sei ein Bürokratiemonster. Hinzu komme die „fatale Botschaft“nach Europa. „Wir machen uns stark für ein einiges Europa und beschließen eine europarechtliche fragwürdige Regelung“, so Hermann. In der jetzigen Form zahlten alle gleichviel, unabhängig davon, ob sie viel oder wenig fahren. „Das ist eine Flatrate.“Da die Grünen die Maut ablehnen und die CDU sie befürworte, müsse sich das Land bei der Abstimmung im Bundesrat leider enthalten.
Hinter den Kulissen wächst bei Dobrindt die Anspannung. In Koalitionskreisen heißt es, der Verkehrsminister bemühe sich intensiv um das direkte Gespräch mit Ministerpräsidenten. Dabei gehe es auch um Bundesgelder für bestimmte Verkehrsprojekte in deren Ländern.
Unterdessen drängt die SPD im Bundestag auf eine Überprüfung von Dobrindts Einnahmenprognose durch den Bundesfinanzminister. Wolfgang Schäuble (CDU) ist nicht gerade als Freund der Pkw-Maut bekannt. In CSU-Kreisen gibt man sich demonstrativ kämpferisch: Sollten die Sozialdemokraten die Abgabe scheitern lassen, werde vor der Bundestagswahl kein anderes Projekt der SPD mehr durchkommen, heißt es in CSU-Kreisen.