Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Stille Heldin wider Willen

Katerina Hebelková brilliert in der Oper „Frau Schindler“im Gärtnerpla­tztheater in München

- Von Angelika Mayr

MÜNCHEN (dpa) - Sie war die starke Frau hinter dem mutigen Mann: Emilie Schindler, Ehefrau des sudetendeu­tschen Industriel­len Oskar Schindler, der rund 1200 Juden vor der Mordmaschi­nerie der Nazis bewahrt hat. Seine Ehefrau blieb im Schatten. Nun widmet das Gärtnerpla­tztheater in München dieser Frau die Oper „Frau Schindler“. Bei der umjubelten Uraufführu­ng in der ausverkauf­ten Reithalle am Donnerstag­abend zeigte Katerina Hebelková die Hauptfigur als eine stille Heldin, die am Ende aber von allen verlassen wird.

Oskar Schindler wurde berühmt, als Steven Spielberg seinem Einsatz für die Juden 1993 mit dem Film „Schindlers Liste“ein Denkmal setzte. Seine Ehefrau Emilie fand in dem Kinofilm kaum Beachtung, und bildete doch in Wirklichke­it sein Rückgrat. Thomas Morse und Kenneth Cazan stellen sie in ihrer Charakters­tudie „Frau Schindler“nun in den Mittelpunk­t: als Frau an seiner Seite, als die stille Helferin neben dem gefeierten Helden. Doch eine Große machen sie aus Emilie nicht.

Denn trotz all ihres zur Schau gestellten Durchsetzu­ngsvermöge­ns hadert sie mit sich, ihrem Schicksal und vor allem mit ihrem Ehemann. Eine Scheidung kommt in den 1940er-Jahren nicht infrage, also reagiert Emilie mehr als sie agiert. So wird sie eines Nachts aus dem Bett gezerrt, als 250 halbtote Juden mit dem Zug „angeliefer­t“werden. Ihr Mann schlummert derweil weit weg mit der Geliebten im Bett. An Oskar Schindlers Denkmal sägen Regisseur Cazan und Komponist Morse in ihrer Auftragsar­beit für das Theater also gewaltig.

Mit einer gewissen Starrheit hat Kapellmeis­ter Andreas Kowalewitz zu kämpfen. Er leitet sein Orchester zwar mit viel Feingefühl, Detaillieb­e und bringt zugleich eine gewisse Leichtigke­it in das schwere, aber wichtige Thema. Doch in der Kompositio­n von Thomas Morse bleibt dem Orchester oft nur die Unterstütz­errolle, Akzente zu setzen ist schwer. Auch die Sänger haben es nicht leicht: Zu viel soll erzählt werden, die Masse an Text wirkt wie ein Ballast, eine eigenständ­ige Figurenzei­chnung ist schwer umsetzbar.

Dass Katerina Hebelková trotzdem in der Hauptrolle brillieren kann, ist aber von Beginn an klar. Alles ist auf sie zugeschnit­ten, sogar die Rundbühne. Schicht um Schicht wie eine Zwiebel legt sie die Wahrheit über das Leben der Industriel­lengattin Schindler frei. Die Mezzosopra­nistin wirft sich in die Rolle hinein, zeigt eine sehr menschlich­e, mit sich ringende Emilie. Als alte, von allen im Stich gelassene Frau ist sie am besten.

Bariton Mathias Hausmann dagegen hält als Oskar Schindler bis zum Ende die (Helden)-Fassade aufrecht. Diese lässt er erst bröckeln, als es um seine eigene mögliche Verhaftung geht. Doch das ist nur von kurzer Dauer. Eine Überraschu­ng ist Jennifer O’Loughlin. Die Sopranisti­n entwickelt sich vom stummen, ergebenen Hausmädche­n Marthe zur Freundin Emilies mit eigener Stimme und kämpferisc­hem Willen. Aber trotz aller Schwüre: Am Ende bleibt Emilie mutterseel­enallein zurück.

Weitere Vorstellun­gen von „Frau Schindler“im Gärtnerpla­tztheater: 13., 15., 17., 19. März. Tickets unter 089/21 85 19 60.

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FOTO:GÄRTNERPLA­TZTHEATER Emilie Schindler (Katerina Hebelková) stärkt ihrem Mann (Mathias Hausmann) den Rücken. Die Ehre für die Rettung der Juden nahm er nach dem Krieg allerdings alleine in Anspruch.

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