Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mehr als eine Abbildung
Der Porträtmaler Günter Rittner wird 90
MÜNCHEN (dpa) - Günter Rittner malte Berühmtheiten wie Heinz Rühmann und Curd Jürgens und brachte „Gesichter der Macht“von Walter Scheel, Franz Josef Strauß oder Ludwig Erhard auf die Leinwand.
Die Menschen, deren Gesicht er malte, hatten ein bewegtes Leben. Für ihn aber hielten sie inne und saßen still. Er denkt gerne zurück an die Sitzungen mit den Menschen, die er porträtierte und schildert Anekdoten: „Ich habe gemerkt, dass Ludwig Erhard gerne Pralinen gegessen hat“, erinnert er sich. „In seiner Schreibtischschublade hat er immer einen Karton Pralinen gehabt.“Kommunikativ und freundlich sei der ExKanzler gewesen, als Rittner kurz nach dessen Abdankung bei ihm am Tegernsee war, um ihn zu malen.
Seit den frühen 1950er-Jahren galt die Vorliebe des gebürtigen Schlesiers Rittner dem Künstlerporträt. Zu seinem 70. Geburtstag stellte das Deutsche Theatermuseum in seiner Wahlheimat München („Die Stadt inspiriert mich“) seine „Menschenbilder“aus. „Ich habe die Gabe, mich in Menschen einzufühlen und das Wesen des anderen etwas anzunehmen – für eine Weile“, sagte er. „Der Porträtmaler muss unter die Haut schauen können.“Es gehe nicht darum, einfach etwas abzubilden, „sondern um die Psyche des Menschen“.
„Menschenbilder“malte Rittner auch von Alois Glück, Kardinal Wetter, Senta Berger, Rolf Boysen – und von Heinz Rühmann, den er zwischen Theaterproben zu den Sitzungen traf und den er als „ernsten und stillen Menschen“erlebte. Franz Josef Strauß kam immer zwischen zwei Terminen zu Rittner in dessen Atelier in München-Schwabing. Viel Zeit blieb dem Maler nicht für das Porträt. In nur vier Sitzungen musste er den bayerischen Übervater zu Papier bringen.
Im Vorwort zum 1997 erschienenen Bildband „Menschenbilder“schreibt Eckehart Nölle: „Günter Rittner gehört zu der – wie ich fürchte – allmählich aussterbenden Zunft der stilsicheren Porträtmaler.“