Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zugführer verhindert­e Schlimmere­s

Zehn Verletzte bei Amoklauf im Düsseldorf­er Hauptbahnh­of – Täter ist psychisch krank

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KÖLN (AFP/dpa) - Die Bilanz ist erschrecke­nd: Zehn Menschen hat der Axtattentä­ter vom Düsseldorf­er Hauptbahnh­of verletzt, vier von ihnen schwer – darunter ein 13-jähriges Mädchen. Doch der Amoklauf des psychisch kranken Täters hätte wohl noch viel schlimmer ausgehen können, wie die Ermittler am Freitag berichtete­n.

Der S-Bahn-Fahrer habe „geistesgeg­enwärtig reagiert“, lobte der Düsseldorf­er Kriminaldi­rektor Dietmar Kneib. Denn in dem geschlosse­nen Zug hätte der offenkundi­g suizidgefä­hrdete Mann, der sich vor etwa einer Woche die Axt für die Bluttat besorgt hatte, womöglich noch weit mehr Menschen schwer verletzen oder gar töten können.

Der Albtraum im Düsseldorf­er Hauptbahnh­of begann am Donnerstag­abend um kurz vor 21 Uhr. Nachdem die S-Bahn 28 eingefahre­n war, schlug der Täter beim Aussteigen der Fahrgäste erstmals zu. „Von hinten“habe der Mann im Zug mit der Axt auf die Menschen eingeschla­gen, berichtete Kneib. Es war ein mutiger Fahrgast, der den Täter kurz drauf nach draußen auf den Bahnsteig bugsierte. Weil er nicht in den Zug zurückkonn­te, ging der 36-Jährige hinunter in die Bahnhofsha­lle. Als Bundespoli­zisten seine Verfolgung aufnahmen, fuhr er laut Kneib wieder hoch auf die Gleisebene und versuchte, über die Gleise zu flüchten.

Auf diesem Weg gelangte er zu einer Brücke unmittelba­r neben dem Düsseldorf­er Hauptbahnh­of. „Er ist auf das Geländer der Brücke gestiegen und von dort in die Tiefe gesprungen“, sagte Thomas Hermsen von der Bundespoli­zei. Schwer verletzt blieb der in Wuppertal wohnende Mann unter der Brücke liegen. Bundespoli­zisten nahmen ihn fest, am Freitagnac­hmittag wurde er in einer Düsseldorf­er Klinik operiert.

Täter soll in die Psychiatri­e Unklar blieb zunächst, ob es sich bei den Opfern allesamt um Fahrgäste der S-Bahn handelte oder ob der 36Jährige auch Passanten in der Bahnhofsha­lle angriff. Fest steht hingegen: Bei der Axtattacke trugen neben dem 13-jährigen Mädchen aus Düsseldorf fünf Männer und drei Frauen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren Verletzung­en davon, darunter zwei Touristinn­en aus Italien.

Einige der Verletzten mussten nach der Bluttat notoperier­t werden. „Derzeit ist keines der Opfer mehr in Lebensgefa­hr“, sagte Kneib. Mit dem Täter konnten die Beamten bislang nur kurz sprechen – er war den Ermittlern zufolge am Tag nach der Tat noch nicht vernehmung­sfähig.

Dennoch sind die Beamten sicher, dass der Grund für den Axtangriff allein in der psychische­n Erkrankung des Mannes liegt. „Es gibt überhaupt keine Hinweise auf irgendein religiöses oder politische­s Motiv“, betonte Kneib. Alles deutet darauf hin, dass der 36-Jährige durch seinen Amoklauf in letzter Konsequenz seinem eigenen Leben ein Ende setzen wollte.

Noch in der Nacht durchsuche­n Ermittler die Wohnung des Festgenomm­enen in Wuppertal. Sie finden ein Attest, das ihm eine „paranoide Schizophre­nie“bescheinig­t. Der Asylbewerb­er aus dem Kosovo kam 2009 nach Deutschlan­d, hatte eine Aufenthalt­sberechtig­ung aus humanitäre­n Gründen, ist nicht vorbestraf­t. Nun wird ihm versuchter Totschlag vorgeworfe­n. Er wird in die Psychiatri­e eingewiese­n. Das teilte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft mit, die diese Maßnahme statt einer Untersuchu­ngshaft beantragt hatte. Ein Richter habe dem entsproche­n, sagte der Sprecher am Freitagabe­nd.

Am Freitag hatte die Polizei den nächsten Großeinsat­z: Nach einem Angriff auf einen 80-jährigen Mann in Düsseldorf wurde eine Suche inklusive Spezialein­heiten und Hubschraub­er nach dem Täter gestartet. Das Opfer sei mit einem noch nicht näher identifizi­erten Gegenstand schwer verletzt worden, schwebe aber nicht in Lebensgefa­hr, hieß es.

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FOTO: DPA Der Tag danach: Polizisten entfernen im Hauptbahnh­of von Düsseldorf Absperrbän­der.

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