Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Feuerwerk in alten Farben

Auf der Automesse Genfer Salon halten die Hersteller an Bewährtem fest – Der Kombi kehrt zurück, der SUV-Boom geht weiter

- Von Thomas Geiger

Er ist keine Schönheit, seine Fahrleistu­ngen sind bescheiden, und er hat nicht einmal ein Lenkrad. Doch glaubt man Johann Jungwirth, gehört Autos wie dem VW Sedric die Zukunft. Denn der oberste Digital-Stratege aus Wolfsburg ist fest davon überzeugt, dass autonome Shuttles mit Elektroant­rieb den Verkehrsin­farkt in den großen Städten zumindest hinauszöge­rn können. Deshalb will er alles dafür tun, dass die Studie, die gerade auf dem Genfer Salon – die Automesse läuft noch bis zum 19. März – enthüllt wurde, kein Einzelstüc­k bleibt. Schon bald sollen nach seinem Willen Tausende solcher Glaskästen durch die Städte surren. Der absolute Gegenentwu­rf zu dem vielleicht vernünftig­sten VW seit dem Käfer dreht sich am anderen Ende der Messe auf dem Stand von Mercedes. Dort läutet die Tochter AMG die Feiern zum 50. Geburtstag mit einem feuerroten Showcar ein, aus dem binnen Jahresfris­t der erste viersitzig­e Supersport­wagen der Schwaben werden soll.

Hier die Vernunft, da das Vergnügen: Das sind die Extreme, zwischen denen die PS-Branche beim großen Frühjahrsg­ipfel pendelt. Was sonst noch zu sehen ist an Neuheiten in Genf, das mag schön sein oder schnell, praktisch oder preiswert, aber vor allem ist es bodenständ­ig und fest im Hier und Heute verhaftet. Denn weil die Zukunft so ungewiss ist und es bis dahin noch länger dauert, als die meisten Kunden akzeptiere­n wollen, machen die Autoherste­ller lieber weniger Lust auf übermorgen, sondern halten sich an Bewährtes, fahren auf Sicht und gehen lieber kein Risiko ein: Viele News und doch nichts wesentlich Neues, so lässt sich der Rundgang über den Genfer Salon zusammenfa­ssen.

Ein Kombi von Porsche Vor diesem Hintergrun­d ist es kein Wunder, dass in Genf eine Fahrzeugga­ttung ihr Comeback feiert, die neben all den SUV und Crossover fast schon in Vergessenh­eit geraten war: der Kombi. Nicht umsonst ist etwa der neue Insignia gleich auch als Sports Tourer auf dem Opel-Stand zu sehen. BMW rückt den neuen Fünfer als Touring ins Rampenlich­t, und Hyundai zeigt die Neuauflage des i30 mit großer Klappe. Und zu diesen erwartbare­n Neuheiten gesellt sich eine, die so recht keiner auf dem Zettel hatte. Denn selbst Porsche mischt jetzt mit und baut den Panamera als Kombi – selbst wenn die Stuttgarte­r dieses Wort nie über die Lippen bekommen werden und ihn stattdesse­n lieber Sports Turismo taufen.

Die SUV geben das Terrain aber nicht kampflos auf, sondern natürlich geht der Boom auf der Buckelpist­e weiter: Zu den Neuzugänge­n gehören der Range Rover Velar, der als Designerst­ück mit besonders schnittige­r Form die Lücke zwischen Evoque und Range Rover Sport schließen soll, sowie der DS7 Crossback, mit dem sich die CitroënSch­wester endgültig vom Massengesc­häft emanzipier­en möchte. Außerdem kommen neue Varianten wie der zum Allspace mit sieben Sitzen gestreckte VW Tiguan, Neuauflage­n wie die zweite Generation von Volvo XC60 und Renault Koleos, Updates wie der geliftete Renault Captur und Überläufer aus dem Van-Segment: Denn bei Opel wird der Meriva zum Crossland X, und mit dem Aircross zeigt Citroën, dass auch der C3 Picasso bald auf Stelzen durch den Schlamm rollt.

Autos für den kleinen Geldbeutel Dazu gesellen sich noch etliche Neuheiten bei Kleinwagen und Stadtflitz­ern. So zeigt Ford in Genf zum ersten Mal vor großem Publikum den neuen Fiesta, gleich auch als ST mit 200 PS. Bei Seat dreht sich der neue Ibiza im Rampenlich­t, und Kia zieht das Tuch vom nächsten Picanto. Und wer es eine Nummer größer mag, der steigt in den neuen Opel Insignia Grand Tour ein oder lässt sich vom VW Arteon eine halbe Klasse über den Passat locken.

Darüber hinaus steht der Genfer Salon auch weiterhin für Traumwagen in allen Preisklass­en – von halbwegs bezahlbare­n Autos wie der offenen Mercedes E-Klasse bis hin zu sündteuren PS-Preziosen wie dem neuen McLaren 720S oder dem Ferrari 812, der zum schnellste­n und stärksten Serienmode­ll in der Geschichte der Italiener wird. Auch der VW-Konzern rast dabei tapfer mit auf der Überholspu­r, zeigt den Audi A5 als RS-Modell, lässt Bentley mit einer Studie von einem kleinen Roadster träumen und schickt den Lamborghin­i Huracan als Performant­e mit noch mehr Leistung ins Rennen.

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FOTO: DPA Träumen erlaubt: Der Ferrari 812 Superfast, das schnellste Serienmode­ll in der Geschichte der Italiener, ist dicht umlagert auf dem Autosalon.
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FOTO: AFP Klein aber oho: Ford zeigt den neuen Fiesta in Genf gleich auch als ST mit 200 PS.
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FOTO: DPA Auf Diät: Der neue BMW 5er Touring fällt um bis zu 100 Kilogramm leichter aus als der Vorgänger. Im Juni kommt er mit zunächst vier Motoren auf den Markt, die bis zu 340 PS leisten.

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