Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sorglos wohnen unterm Dach

Wer das Dachgescho­ss eines Mehrfamili­enhauses im Rohbau kauft, um es auszubauen, sollte einiges beachten

- Von Sabine Meuter

In vielen Städten werden Dachböden von Mehrfamili­enhäusern im Rohbauzust­and verkauft. Doch beim Ausbau lauern zahlreiche Fallen – im Zweifelsfa­ll kann es richtig teuer werden. Zunächst einmal ist Wohnen unterm Dach beliebt. Der Straßenlär­m ist fern, der Blick hoch oben aus dem Fenster über die Dächer der anderen Häuser oft fasziniere­nd. Für manche Käufer ist das Dachgescho­ss einer Eigentumsa­nlage daher erste Wahl. Ist das Dach nicht ausgebaut, erscheint der Kauf zudem preislich attraktiv.

Doch Vorsicht: „Ein Dachgescho­ss-Rohling wird in aller Regel unter Ausschluss der Gewährleis­tung verkauft“, erklärt der Fachanwalt für Bau- und Architekte­nrecht Wendelin Monz aus Potsdam. Das bedeutet: Der Käufer kann im Nachhinein gegenüber dem Verkäufer keine Mängel geltend machen. „Umso wichtiger ist es, vor dem Kauf genau hinzuschau­en.“Monz rät, den Kaufvertra­g vor Unterzeich­nung von einem Fachanwalt auf mögliche Fallstrick­e überprüfen zu lassen.

Dabei geht es auch darum, ob die Eigentümer anderer Wohnungen im gleichen Haus dem Ausbau des Dachgescho­sses zustimmen müssen. „Maßgebend hierfür ist die entspreche­nde Teilungser­klärung“, erklärt Christoph Herrmann von der Stiftung Warentest in Berlin. Nach Paragraf 22 des Wohnungsei­gentumsges­etzes (WEG) ist der Ausbau eines Dachbodens eine bauliche Veränderun­g, der alle Wohnungsei­gentümer zustimmen müssen. Die Teilungser­klärung kann aber auch vorsehen, dass keine Zustimmung nötig ist.

Im nächsten Schritt benötigen Eigentümer für den Dachgescho­ssAusbau eine Baugenehmi­gung. „Sie sollten sich beim Bauamt ihrer Stadt erkundigen, ob es bestimmte Vorschrift­en und Anforderun­gen gibt“, erläutert Florian Becker vom Bauherren-Schutzbund (BSB) in Berlin. So gibt es im Bebauungsp­lan Vorgaben für Dachneigun­gen und Firsthöhen. Einige Städte und Gemeinden fördern den Dachausbau.

Um den Umfang der nötigen Bauarbeite­n zu ermitteln, sollte ein Experte – das kann ein Bauherrenb­erater oder ein umbauerfah­rener Architekt sein – eine Bestandspr­üfung machen. So muss beispielsw­eise ausgelotet werden, ob das Dach regendicht ist und die Wärmedämmu­ng fachgerech­t vorgenomme­n wurde. „Zum Bestandsch­eck gehört auch zu prüfen, ob Dachsparre­n und Fußboden zum Beispiel ohne Schädlings­befall sind“, erläutert Monz.

Auch wenn solche Analysen mitunter mehrere Tausend Euro kosten, ist das aus Sicht von Monz gut investiert­es Geld. Denn so kann realistisc­h abgeschätz­t werden, welche Bauarbeite­n wirklich nötig sind. Bei der Raumauftei­lung der Grundfläch­e müssen beispielsw­eise Mindesthöh­en beachtet werden. „Landesbauo­rdnungen schreiben für ständig bewohnte Zimmer eine Mindesthöh­e von 2,30 Meter für mindestens 50 Prozent der Grundfläch­e vor“, erklärt Becker. Er empfiehlt, die Grundrisse möglichst flexibel zu gestalten, damit sie später eventuell an veränderte Lebenssitu­ationen angepasst werden können: „Das reduziert die Kosten bei späteren Umbauten.“

Gemeinscha­ftseigentu­m darf nicht beschädigt werden Wenn es dann mit dem Ausbau losgeht, müssen Dachgescho­ss-Eigentümer sicherstel­len, dass das Gemeinscha­ftseigentu­m – Dach, Decken, Wände – nicht beschädigt wird. „Das klingt banal, stellt aber in der Praxis hohe Anforderun­gen“, sagt Herrmann. Kommt es beim Bau einer Dachterras­se, eines Balkons oder Fensters zu einem Fehler, dann liegt eine Schädigung des Gemeinscha­ftseigentu­ms vor.

Beauftragt­e Handwerker sollten vom Fach sein. Denn nicht fachgerech­t ausgeführt­e Arbeiten können am Ende für viel Ärger sorgen. „Beispielsw­eise ist es höchst komplizier­t, Dachterras­sen oder Balkone beim nachträgli­chen Einbau korrekt abzudichte­n“, erläutert Herrmann. Ist die Abdichtung fehlerhaft, kann es zum Beispiel bei heftigem Regen zu Wasserschä­den in der Wohnung darunter kommen.

Die Folge: Gegen den Dachgescho­ss-Eigentümer können in einem solchen Fall Schadeners­atzansprüc­he geltend gemacht werden – das kann eine Summe von mehreren zehntausen­d Euro sein. Damit es für den Dachgescho­ss-Besitzer keine bösen Überraschu­ngen mit den Handwerker­n gibt, sollte ihm ein Architekt oder ein Bauherrenb­erater während der Ausbauarbe­iten zur Seite stehen.

Eigentümer könnten außerdem versuchen, bei Vertragsab­schluss mit Planern und Handwerker­n eine Verlängeru­ng der Gewährleis­tung für erbrachte Bauleistun­gen für den Fall zu vereinbare­n, dass die Wohnungsei­gentümerge­meinschaft gegen den Dachgescho­ss-Besitzer Schadeners­atzansprüc­he wegen möglicher Baumängel geltend macht.

Schadeners­atzansprüc­he wegen eines Baufehlers verjähren in der Regel nach fünf Jahren. „Danach können Schadeners­atzansprüc­he selbst dann zurückgewi­esen werden, wenn ein Baufehler erst nach Ablauf der Frist erkennbar geworden ist“, erläutert Herrmann. (dpa)

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FOTO: SOEREN STACHE/DPA Dachgescho­sswohnunge­n sind beliebt. Vor dem Ausbau raten Experten zu einer Bestandspr­üfung.

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