Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zunft des Papierfabrik-Areals noch offen
Ergebnisse der Altlastenuntersuchung in Mochenwangen werden Ende April erwartet
Gemeinde ist mit Eigentümer im Gespräch, Altlastenuntersuchung läuft.
WOLPERTSWENDE - Was wird aus dem Gelände der stillstehenden Papierfabrik Mochenwangen? Diese Frage treibt Oberschwaben und vor allem die Gemeinde Wolpertswende um. Noch ist nichts klar. Konkrete Pläne gibt es nicht. Bisher gibt es lediglich einen Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan. Und die Gemeindeverwaltung ist mit dem Eigentümer im Gespräch über die jeweiligen Vorstellungen.
Rückblende: Im Dezember 2015 war klar geworden, dass der polnisch-schwedische Papierkonzern Arctic Paper keinen Käufer für die Papierfabrik finden kann und somit den Standort schließen muss. Rund 200 Mitarbeiter verloren in der Folge ihre Arbeit. Seit Heiligabend 2015 stehen die Maschinen still. Heute ist das Gelände in Mochenwangen gespenstisch leer. Lediglich an der Pforte schieben Männer noch Wache. Vom Gelände hallen Geräusche von Arbeitern, die die restlichen Maschinen abbauen. In der ehrwürdigen Fabrikantenvilla mit Holzvertäfelung und Stuck an den Decken hat Geschäftsführer Lothar Burchardt sein Büro und wickelt das Werk ab.
Das alte Kraftwerk ist bereits abgebaut, dessen Teile sind nach Pakistan verschickt, wo es in einer Zuckerfabrik wieder aufgebaut wird. Der Maschinenpark ist verkauft. Die Papiermaschinen gehen an ein französisches Unternehmen, das die alten Kolosse wiederaufbereitet und weiterverkauft. Bis Ende dieses Jahres sollen alle Maschinen weg sein, sagt Lothar Burchardt. Dann stehen nur noch die Gebäudehüllen. Die Lagerhallen sind vermietet.
Naturschutzgutachten muss folgen
Trotzdem wird weitergearbeitet auf dem Gelände. Zurzeit läuft noch immer die Altlastenuntersuchung. Bisher gab es eine sogenannte historische Altlastenuntersuchung, es wurden also Stellen identifiziert, wo man genauer untersuchen muss. „Jetzt sind wir im zweiten Schritt der Altlastenuntersuchung. Es läuft die orientierende Altlastenuntersuchung“, sagt Lothar Burchardt. Es wird also an kritischen Stellen auf dem Gelände gebohrt, Bodenproben entnommen und untersucht – so zum Beispiel der Standort des Öltanks und an Stellen der Grundwasserentnahme.
Wolpertswendes Bürgermeister Daniel Steiner freut sich, dass die Kosten in Höhe von 70 000 Euro für diese Untersuchung vom Land Baden-Württemberg übernommen werden. Erste Ergebnisse der Untersuchung erwartet Steiner Ende April/Anfang Mai. Diese Ergebnisse gehören dann zur Grundlage für Entscheidungen, was mit dem Gelände passieren kann. Ein Naturschutzgutachten muss auch noch erfolgen, da an das Areal Biotope angrenzen.
Ob ein Gewerbegebiet, Mischgebiet oder reines Wohngebiet kommt, diese Frage ist offen, wie Steiner und Burchardt sagen. Am schwierigsten wird es wohl, ein reines Gewerbegebiet an dieser Stelle zu installieren, auch wenn die Gemeinde natürlich gerne Arbeitsplätze im Ort sehen würde. Der große Nachteil des Areals: Die Zubringerstraße zum Gelände verläuft direkt durch ein Wohngebiet. Eine Erschließung ist schwierig. Hinzu kommt, dass auf dem Grundstück denkmalgeschützte Gebäude stehen: an erster Stelle die imposante Villa, das Holz geschindelte Hühnerhaus, zwei wassertechnische Bauwerke sowie das Werkstattgebäude am anderen Ende des Grundstücks. Am ehesten ist also ein Mischgebiet von Wohnen und ruhigem Gewerbe denkbar.
Schwieriege Haushaltslage
„Wir wollen den weiteren Entwicklungsprozess mitgehen“, erklärt Geschäftsführer Lothar Burchardt. So kann Arctic Paper natürlich über die Preisgestaltung zum Verkauf des Geländes nachdenken. Denn eines stellt Burchardt klar: „Wir haben kein Interesse, am Ende Häusle zu bauen.“
Egal, wie die Entscheidung zum Fortgang auf dem Papierfabrikgelände aussieht, eines ist zum Status quo ziemlich sicher: Dem Thema wird sich ein Investor annehmen müssen, ähnlich wie es damals bei der Papierfabrik in Baienfurt der Fall war. Denn die Gemeinde Wolpertswende steht finanziell schlecht da. Bürgermeister Daniel Steiner sagte bereits in der Haushaltsvorberatung im Januar: „Wir müssen auf Sicht fahren.“Der Haushalt muss konsolidiert werden. Große Sprünge, um etwa ein 13 Hektar großes Grundstück wie das der Papierfabrik zu kaufen, sind also in den nächsten Jahren nicht drin. Dazu kommen weitere Großprojekte wie etwa die Sanierung der Grundschule. Der Eigentümer Arctic Paper setzt natürlich darauf, das Grundstück nicht für einen symbolischen Euro zu verkaufen.
Wie bereits berichtet, hat der Gemeinderat im April 2016 eine Veränderungssperre über das Areal verhängt, kurz gesagt heißt das, es kann momentan nichts baulich verändert werden. Eine solche Veränderungssperre gilt in der Regel zwei Jahre, kann dann um ein Jahr, mit ausführlicher Begründung um ein zusätzliches Jahr auf insgesamt vier Jahre verlängert werden. Die Rodungsarbeiten auf dem Gelände, die viele Mochenwangener beschäftigen, seien lediglich „Baumpflegemaßnahmen“, die laut Burchhardt schon vor Jahren nötig gewesen seien.
Jetzt arbeiten Gemeinde und Arctic Paper an städtebaulichen Verträgen, für die sich die Gemeinde rechtlichen Beistand geholt hat. Bürgermeister Daniel Steiner: Im ersten Halbjahr müssten die Grundlagen stehen und abgeklopft sein, was die Interessen der beiden Vertagspartner sind. Dann kann im zweiten Halbjahr „der weitere Bebauungsplanprozess“folgen. Steiner und Burchardt sind aber zuversichtlich, auch wenn manchen der Prozess zu langsam geht. Lothar Burchardt: „Es gibt Flächen in Süddeutschland, da tut sich fünf Jahre nichts.“