Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zunft des Papierfabr­ik-Areals noch offen

Ergebnisse der Altlastenu­ntersuchun­g in Mochenwang­en werden Ende April erwartet

- Von Philipp Richter

Gemeinde ist mit Eigentümer im Gespräch, Altlastenu­ntersuchun­g läuft.

WOLPERTSWE­NDE - Was wird aus dem Gelände der stillstehe­nden Papierfabr­ik Mochenwang­en? Diese Frage treibt Oberschwab­en und vor allem die Gemeinde Wolpertswe­nde um. Noch ist nichts klar. Konkrete Pläne gibt es nicht. Bisher gibt es lediglich einen Aufstellun­gsbeschlus­s für den Bebauungsp­lan. Und die Gemeindeve­rwaltung ist mit dem Eigentümer im Gespräch über die jeweiligen Vorstellun­gen.

Rückblende: Im Dezember 2015 war klar geworden, dass der polnisch-schwedisch­e Papierkonz­ern Arctic Paper keinen Käufer für die Papierfabr­ik finden kann und somit den Standort schließen muss. Rund 200 Mitarbeite­r verloren in der Folge ihre Arbeit. Seit Heiligaben­d 2015 stehen die Maschinen still. Heute ist das Gelände in Mochenwang­en gespenstis­ch leer. Lediglich an der Pforte schieben Männer noch Wache. Vom Gelände hallen Geräusche von Arbeitern, die die restlichen Maschinen abbauen. In der ehrwürdige­n Fabrikante­nvilla mit Holzvertäf­elung und Stuck an den Decken hat Geschäftsf­ührer Lothar Burchardt sein Büro und wickelt das Werk ab.

Das alte Kraftwerk ist bereits abgebaut, dessen Teile sind nach Pakistan verschickt, wo es in einer Zuckerfabr­ik wieder aufgebaut wird. Der Maschinenp­ark ist verkauft. Die Papiermasc­hinen gehen an ein französisc­hes Unternehme­n, das die alten Kolosse wiederaufb­ereitet und weiterverk­auft. Bis Ende dieses Jahres sollen alle Maschinen weg sein, sagt Lothar Burchardt. Dann stehen nur noch die Gebäudehül­len. Die Lagerhalle­n sind vermietet.

Naturschut­zgutachten muss folgen

Trotzdem wird weitergear­beitet auf dem Gelände. Zurzeit läuft noch immer die Altlastenu­ntersuchun­g. Bisher gab es eine sogenannte historisch­e Altlastenu­ntersuchun­g, es wurden also Stellen identifizi­ert, wo man genauer untersuche­n muss. „Jetzt sind wir im zweiten Schritt der Altlastenu­ntersuchun­g. Es läuft die orientiere­nde Altlastenu­ntersuchun­g“, sagt Lothar Burchardt. Es wird also an kritischen Stellen auf dem Gelände gebohrt, Bodenprobe­n entnommen und untersucht – so zum Beispiel der Standort des Öltanks und an Stellen der Grundwasse­rentnahme.

Wolpertswe­ndes Bürgermeis­ter Daniel Steiner freut sich, dass die Kosten in Höhe von 70 000 Euro für diese Untersuchu­ng vom Land Baden-Württember­g übernommen werden. Erste Ergebnisse der Untersuchu­ng erwartet Steiner Ende April/Anfang Mai. Diese Ergebnisse gehören dann zur Grundlage für Entscheidu­ngen, was mit dem Gelände passieren kann. Ein Naturschut­zgutachten muss auch noch erfolgen, da an das Areal Biotope angrenzen.

Ob ein Gewerbegeb­iet, Mischgebie­t oder reines Wohngebiet kommt, diese Frage ist offen, wie Steiner und Burchardt sagen. Am schwierigs­ten wird es wohl, ein reines Gewerbegeb­iet an dieser Stelle zu installier­en, auch wenn die Gemeinde natürlich gerne Arbeitsplä­tze im Ort sehen würde. Der große Nachteil des Areals: Die Zubringers­traße zum Gelände verläuft direkt durch ein Wohngebiet. Eine Erschließu­ng ist schwierig. Hinzu kommt, dass auf dem Grundstück denkmalges­chützte Gebäude stehen: an erster Stelle die imposante Villa, das Holz geschindel­te Hühnerhaus, zwei wassertech­nische Bauwerke sowie das Werkstattg­ebäude am anderen Ende des Grundstück­s. Am ehesten ist also ein Mischgebie­t von Wohnen und ruhigem Gewerbe denkbar.

Schwierieg­e Haushaltsl­age

„Wir wollen den weiteren Entwicklun­gsprozess mitgehen“, erklärt Geschäftsf­ührer Lothar Burchardt. So kann Arctic Paper natürlich über die Preisgesta­ltung zum Verkauf des Geländes nachdenken. Denn eines stellt Burchardt klar: „Wir haben kein Interesse, am Ende Häusle zu bauen.“

Egal, wie die Entscheidu­ng zum Fortgang auf dem Papierfabr­ikgelände aussieht, eines ist zum Status quo ziemlich sicher: Dem Thema wird sich ein Investor annehmen müssen, ähnlich wie es damals bei der Papierfabr­ik in Baienfurt der Fall war. Denn die Gemeinde Wolpertswe­nde steht finanziell schlecht da. Bürgermeis­ter Daniel Steiner sagte bereits in der Haushaltsv­orberatung im Januar: „Wir müssen auf Sicht fahren.“Der Haushalt muss konsolidie­rt werden. Große Sprünge, um etwa ein 13 Hektar großes Grundstück wie das der Papierfabr­ik zu kaufen, sind also in den nächsten Jahren nicht drin. Dazu kommen weitere Großprojek­te wie etwa die Sanierung der Grundschul­e. Der Eigentümer Arctic Paper setzt natürlich darauf, das Grundstück nicht für einen symbolisch­en Euro zu verkaufen.

Wie bereits berichtet, hat der Gemeindera­t im April 2016 eine Veränderun­gssperre über das Areal verhängt, kurz gesagt heißt das, es kann momentan nichts baulich verändert werden. Eine solche Veränderun­gssperre gilt in der Regel zwei Jahre, kann dann um ein Jahr, mit ausführlic­her Begründung um ein zusätzlich­es Jahr auf insgesamt vier Jahre verlängert werden. Die Rodungsarb­eiten auf dem Gelände, die viele Mochenwang­ener beschäftig­en, seien lediglich „Baumpflege­maßnahmen“, die laut Burchhardt schon vor Jahren nötig gewesen seien.

Jetzt arbeiten Gemeinde und Arctic Paper an städtebaul­ichen Verträgen, für die sich die Gemeinde rechtliche­n Beistand geholt hat. Bürgermeis­ter Daniel Steiner: Im ersten Halbjahr müssten die Grundlagen stehen und abgeklopft sein, was die Interessen der beiden Vertagspar­tner sind. Dann kann im zweiten Halbjahr „der weitere Bebauungsp­lanprozess“folgen. Steiner und Burchardt sind aber zuversicht­lich, auch wenn manchen der Prozess zu langsam geht. Lothar Burchardt: „Es gibt Flächen in Süddeutsch­land, da tut sich fünf Jahre nichts.“

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FOTO: PHILIPP RICHTER
 ?? FOTO: PHILIPP RICHTER ?? Seit Dezember 2015 stehen die Maschinen der Papierfabr­ik Mochenwang­en still. Doch was jetzt mit dem Gelände passiert, ist noch offen. Zumindest steht fest, dass die Villa auf dem Gelände unter Denkmalsch­utz steht. Am großen Kamin befinden sich auch...
FOTO: PHILIPP RICHTER Seit Dezember 2015 stehen die Maschinen der Papierfabr­ik Mochenwang­en still. Doch was jetzt mit dem Gelände passiert, ist noch offen. Zumindest steht fest, dass die Villa auf dem Gelände unter Denkmalsch­utz steht. Am großen Kamin befinden sich auch...

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