Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Geheimes Café
rüher war ●alles besser. Das Wetter. Die Straßen. Die Luft in der Stadt. Die Politik. Gar keine Frage. Und erst recht die Cafés in der Stadt. Zum Beispiel gab es in der Mauerstraße ein Café mit Tischchen, Plüschsesseln und kleinen Sofas. Wollte ich eine (neue) Freundin besonders beeindrucken, schleppte ich sie weder in die „Ranch“in der Marktstraße noch in den „ Hades“am Marienplatz oder ins „Drugstore“, sondern in dieses Café mit der älteren Bedienung in einem langen schwarzen Rock mit weißem Schürzchen und vielen feinen Törtchen. Man wurde dort auch als sehr junges Paar gesiezt und nicht gleich zum Stadtgespräch.
Erfreulich war auch das Café am Rathaus. Meine Lieblingsbedienung reichte mir gerne schon am früheren Morgen „Cola Cognac“und warnte mich rechtzeitig, wenn meine Deutschlehrerin in ihrer Hohlstunde die Treppe hochstieg oder meine Mutter nach ihren Einkäufen. Außerdem gab’s weiße Tischdecken ohne Flecken. Interessant war auch der allmorgendliche „Stammtisch“. Es versammelten sich einige lustige Herren, und der gelegentlich bei mir am Tisch seine Tasse Kaffee trinkende Staatsanwalt Dr. K. flüsterte mir zu: „Da sitzen wieder mindestens 25 Jahre!“Dass ich die Schule auch bei Mathe- und Physik- Klassenarbeiten schwänzte, hielt er für ein verständliches „Vergehen“.
Sonntags gingen wir am liebsten ins „Stadtcafé“in der Unterstadt, Samstag war das Café Baur angesagt, jahrzehntelang das erste Straßencafé in Ravensburg, in dem es auch nächtens sehr lustig war. Ab und zu, wenn es nötig war, wich ich aber auch gerne in ein „geheimes Café“nach Weingarten aus...