Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Freiwillig­es Engagement im Hospiz

Ehrenamtli­che fühlen sich als Beschenkte

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RAVENSBURG - Gespräche führen, Essen verteilen, Musik machen oder Blumendeko­ration: Für die zwölf Frauen und Männer, die im Hospiz Schussenta­l ehrenamtli­ch mithelfen, gibt es vielfältig­e Aufgaben. Im Januar 2016 hat das Hospiz den Betrieb aufgenomme­n. Jetzt haben sich die ehrenamtli­chen Helfer erstmals als Gruppe zum Kennenlern­en getroffen. Ihr gemeinsame­s Fazit: Die Helfer fühlen sich nicht als Gebende, sondern eher als Beschenkte.

„Ich sehe mein Leben jetzt unter einem ganz anderen Aspekt“, berichtet Sigrid Emhardt. Die 58-Jährige hilft einmal pro Woche im Hospiz, mal vormittags und mal nachmittag­s – je nach dem, wie es sich mit ihrer berufliche­n Arbeit vereinbare­n lässt. Sie richtet das Frühstück her, liest vor, hilft den Schwestern mal beim Umlagern eines schweren Patienten oder macht bei schönem Wetter mit einem Gast im Rollstuhl einen Spaziergan­g an der frischen Luft.

„Wenn ich ins Hospiz komme, dann weiß ich: Jetzt habe ich Zeit“, sagt Emhardt. „Dann bin ich im Hier und Jetzt.“Und wenn sie das Hospiz nach ein paar Stunden wieder verlässt, fühlt sie sich sehr geerdet. „Dann ist mir wieder klar, welch ein kost-bares Geschenk das Leben ist.“Natürlich sei das Zusammense­in mit sterbenden Menschen auch manchmal schwer, gibt die Helferin zu. Nach den Hospiz-Stunden geht sie deshalb immer noch eine Weile spazieren oder einen Kaffee trinken.

Ihre Mitarbeit im Hospiz ist für Emhardt nicht nur Geben: „Ich habe sehr für mich selber profitiert.“Ihr war es wichtig, sich mit dem Sterben Hospizleit­er Thomas Radau (3. von links) freut sich über ehrenamtli­ches Engagement im Hospiz Schussenta­l (von links): Elke Singbartl, Rosemarie Zuchtriege­l, Sr. Gudrun Härle, Dr. Christine Rundel-Heim, Ulrike Wiberg, Karin Kanz, Wolfgang Müller, Sigrid Emhardt, Anne Liebhardt.

auseinande­rzusetzen – so verliere der Tod seinen Schrecken. „Natürlich ist Sterben nicht schön“, sagt sie. „Aber im Hospiz wird der Mensch am Ende nochmal ganz wertvoll.“Inzwischen hat die 58-Jährige eine Ausbildung zur Hospiz-Begleiteri­n gemacht. Die acht Abende und fünf Wochenende­n haben ihr sehr viel gebracht, berichtet sie. Im Kurs hat sie auch gelernt, wie sie mit Angehörige­n gut umgeht.

Wolfgang Müller hat ebenfalls eine Ausbildung zum Hospiz-Begleiter gemacht. Im Hospiz Schussenta­l ist der 71-Jährige der Mann für die kleinen praktische­n Dinge. Dazu gehören vor allem Einkäufe: Der eine Gast liebt eine bestimmte Marmelade, ein anderer hätte gern eine spezielle Joghurtsor­te. Einmal hat sich eine Frau geHospiz

wünscht, dass er rote Haarfarbe besorgt und ihr die Haare färbt, berichtet Müller. Auch das hat er gern getan.

Seine ehrenamtli­che Mitarbeit erlebt Müller als Bereicheru­ng: „Die Prioritäte­n im Leben verschiebe­n sich.“Geld sei ihm nicht mehr so wichtig. Stattdesse­n könne er sich an den kleineren Dingen des Lebens freuen. Und daran, dass er gesund sei. „Die eigenen Probleme relativier­en sich sehr schnell, wenn man es mit Sterbenden zu tun hat.“

„Wir brauchen Leute, die Stille aushalten können, und die nicht gleich mit Ratschläge­n kommen“, bestätigt Hospiz-Leiter Thomas Radau. „Und sie müssen Humor haben.“Humor und Lachen könnten Türen öffnen, Sympathien wecken und auch im

gute Anknüpfung­spunkte für Gespräche bieten.

Für die Gäste des Hospizes wünscht sich Hospiz-Leiter Radau jeden Tag die Begegnung auch mit ehrenamtli­chen Helfern. Dieses Ziel ist bis jetzt noch nicht ganz erreicht. Wer sich zutraut, den Hospiz-Gästen eine gewisse Kontinuitä­t und Regelmäßig­keit zu bieten, der ist zur Mitarbeit im Team der Ehrenamtli­chen herzlich eingeladen. Interessie­rte wenden sich an das Hospiz Schussenta­l, Telefon 0751/9771238-600, E-Mail: thomas.radau@st-elisabeth-stiftung.de.

Neben Zeitspende­n sind für das Hospiz Schussenta­l auch immer Geldspende­n nötig. Die Bürgerstif­tung Ravensburg nimmt Spenden zugunsten des Hospizes entgegen (IBAN DE 53 6505 0110 0101 1204 63).

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