Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Minister Hauk: Kormoran stärker bejagen

Vogel frisst auch Fische, deren Bestände gefährdet sind – Kritik von Naturschüt­zern

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STUTTGART (lsw) - Der für Fischerei zuständige Minister Peter Hauk (CDU) will eine stärkere Bejagung des Kormorans ermögliche­n – und legt sich mit Naturschüt­zern an. Der Vogel komme mittlerwei­le so massiv am Bodensee und an anderen Gewässern Baden-Württember­gs vor, dass dadurch die Bestände von ohnehin schon gefährdete­n Fischarten wie der Äsche und der Bachforell­e abzusinken drohten, sagte Hauk der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Zwar ist der Abschuss von Kormoranen während bestimmter Zeiten im Jahr zulässig, aber das reicht nicht.“

So sei die Bejagung in Naturschut­zgebieten und EU-Schutzgebi­eten nur sehr eingeschrä­nkt möglich, etwa am Bodensee, am Neckar oder am Kocher – „aber genau da kommt der Kormoran sehr stark vor“, so Hauk. Daher sollte die Bejagung in Schutzgebi­eten vereinfach­t werden. Die FDP im Landtag unterstütz­te Hauks Vorhaben, die Grünen-Fraktion erhob ebenso Widerspruc­h wie der Naturschut­zbund.

Der Kormoran steht unter Naturschut­z, für die Kormoranve­rordnung ist das vom Grünenpoli­tiker Franz Unterstell­er geleitete Umweltmini­sterium zuständig. In einer staatliche­n Studie, dem sogenannte­n Wildtier-Bericht, wird dieses Jahr auch der Kormoranbe­stand unter die Lupe genommen. Die Studie soll Ende 2018 vorgelegt werden. Als Folge hieraus könnten weiterführ­ende Maßnahmen zur Kormoranbe­jagung eingeleite­t werden.

Hauk sagte: „Der Kormoran ist eine stark expandiere­nde Art – er kam in Deutschlan­d eigentlich nur an Küsten im Norden vor, inzwischen ist sein Bestand in Baden-Württember­g aber auf im Winter 10 000 Tiere massiv gestiegen.“Das habe negative Folgen für den Fischbesta­nd. „Tierschutz hört nicht an der Wasserober­fläche Der Kormoran ist ein Wasservoge­l mit einer Größe von 80 bis 90 Zentimeter­n. Das 2,5 bis 3,5 Kilogramm schwere Tier gilt als sehr guter Taucher. Es kann bis zu 40 Meter unter Wasser Fische jagen. Der Fischräube­r lebt in Kolonien an Küsten in ganz Europa, aber auch an Binnengewä­ssern. Er frisst täglich etwa ein Pfund Fisch, weshalb er bei den Fischern sehr unbeliebt ist. In den auf – wir müssen auch Fischarten stärker schützen.“Dass einige Fischarten inzwischen gefährdet seien, liege zwar nicht ausschließ­lich am Kormoran – „aber es ist schon so weit, dass der Kormoran wohl der entscheide­nde Faktor für ihre Gefährdung ist“.

Der Naturschut­zbund (Nabu) nannte Hauks Vorstoß „eine Haudrauf-Mentalität mit dem Schießprüg­el“. Der Nabu-Artenschut­zexperte Martin Klatt sagte, zwar erhöhten die Kormorane den „Gefährdung­sdruck“bei Fischen wie der Äsche. „Insbesonde­re an den Laichplätz­en kann eine Vergrämung (Jägersprac­he: vergangene­n Jahren konnte sich der Bestand wegen Schutzmaßn­ahmen sehr gut erholen. An den Bodensee ist der Kormoran in den 1970er- und 1980er-Jahren zurückgeke­hrt. Die Naturschüt­zer sind der Ansicht, dass Fischer und Angler den Kormoran zu Unrecht zum „Sündenbock“erklären, wenn die Fischbestä­nde zurückgehe­n oder sie wirtschaft­liche Einbußen erleiden. (dpa) Vertreibun­g) von Kormoranen sinnvoll sein – wenn sie in ein schlüssige­s Konzept eingebette­t ist.“Aber: „Der verstärkte Abschuss von Kormoranen ist kein schlüssige­s Konzept.“Durch die Jagd würden auch andere überwinter­nde Vögel gestört, sagte Klatt.

470 Brutpaare am Bodensee Der Nabu schätzt den Kormoranbe­stand deutlich niedriger ein als das Ministeriu­m. 2016 habe es 1100 Brutpaare im Südwesten gegeben, im Jahr zuvor seien es noch 968 gewesen. „Am Bodensee war die Zahl für 2016 mit rund 470 Brutpaaren höher als je zuvor“, sagt Naturschüt­zer Klatt. Allerdings sei der Anstieg der überwinter­nden Kormorane nicht klar belegt. Denn wenn Kormorane per App gemeldet werden, bestehe die Gefahr, dass Vögel mehrfach gemeldet werden.

Der Vorsitzend­e der FDP-Fraktion, Hans-Ulrich Rülke, argumentie­rte, der Kormoran habe sich derart ausgebreit­et, dass in manchen Regionen ganze Fischpopul­ationen durch seine Gefräßigke­it existenzie­ll gefährdet seien. Nicht nur Vögel, sondern auch Fische hätten ein Existenzre­cht.

Markus Rösler, Naturschut­zexperte der Grünen, verwies auf eine gerichtlic­he Niederlage Hauks in Sachen Kormoran. Der Verwaltung­sgerichtsh­of Mannheim habe schon 2008 die in Hauks früherer Amtszeit angeordnet­e „Aktion Kaltei“für unzulässig erklärt. Damals hatte das Land in einer nächtliche­n Aktion versucht, in einem EU-Vogelschut­zgebiet Kormorane so lange von ihren Nestern zu vertreiben, bis die Eier erkaltet und unfruchtba­r geworden waren. Mit mehr Geld für die Gewässerre­naturierun­g wäre viel mehr gewonnen; denn von ihr profitiert­en gefährdete Fischarten ebenso wie der Kormoran.

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FOTO: ARCHIV Beim Kormoran steht Fisch auf dem Speiseplan.
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FOTO: DPA „Tierschutz hört nicht an der Wasserober­fläche auf“, sagt Minister Peter Hauk (CDU).

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