Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Paris ist wieder im Krisen-Modus
Die Ermittlungen nach der Attacke am Flughafen Orly gehen weiter
PARIS (dpa) - Nach der kaltblütigen Attacke auf Soldaten am Pariser Flughafen Orly suchen Ermittler das Motiv des 39-jährigen Täters. Nach ersten Hinweisen ist es möglich, dass der erschossene Angreifer einen dschihadistischen Anschlag plante. Er hatte nach Angaben der attackierten Soldaten gerufen: „Ich bin da, um für Allah zu sterben“, und auch angekündigt, dass es Tote geben werde.
Unklar blieb zunächst, ob der vorbestrafte Ziyed Ben Belgacem am Samstag als Einzeltäter unterwegs war, oder ob er als Teil eines Terrornetzes handelte. Eine Autopsie sollte klären, ob der Angreifer unter Alkoholoder Drogeneinfluss stand.
Ermittler befragten am Sonntag nach Medienberichten einen Bruder und einen Cousin des Mannes. Beide waren in Polizeigewahrsam genommen worden, ebenso wie der Vater, der aber wieder entlassen wurde. „Mein Sohn war niemals ein Terrorist“, sagte er dem Radiosender Europe 1. Der Sohn habe getrunken und nicht gebetet. „Und unter dem Einfluss von Alkohol und Cannabis – da kommt man hin“, meinte der Vater.
Frankreich war in den vergangenen Jahren Schauplatz einer beispiellosen Terrorserie, die mehr als 230 Tote forderte. Wegen der Terrorgefahr patrouillieren Soldaten an Flughäfen, Bahnhöfen und anderen gefährdeten Orten. Der Ausnahmezustand gilt bis zum 15. Juli. Antiterror-Staatsanwalt François Molins sagte, der Angreifer habe Soldaten attackiert, die im Antiterror-Einsatz gewesen seien. Das entspreche Parolen dschihadistischer Terrororganisationen. Außerdem habe es schon bei einem früheren Gefängnisaufenthalt Hinweise auf eine Radikalisierung gegeben. „Er ist äußerst gewalttätig“, ergänzte der Staatsanwalt. Ermittelt wird unter anderem wegen Mordversuch in Verbindung mit einem terroristischen Vorhaben. Der Mann hatte auf dem Flughafen auch einen Kraftstoffbehälter dabei, so Molins.
Der Angreifer habe ein langes Vorstrafenregister gehabt. Eine Durchsuchung im Rahmen des Ausnahmezustandes habe im Jahr 2015 aber nichts ergeben. Bei einer Razzia nach der Flughafenattacke fanden Beamte in seiner Wohnung in Garges-lès-Gonesse bei Paris einige Gramm Kokain und eine Machete.
Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian berichtete, der Mann habe eine Soldatin zu Boden geworfen. Die Frau sei Teil der Patrouille von drei Soldaten am Flughafen gewesen. Laut Molins bedrohte der Mann die Soldatin mit einer Schrotpistole. Es gab einen Kampf um das Sturmgewehr der Frau, das der Mann letztlich nahm. Der dritte Schuss auf den Angreifer um 8.25 Uhr sei tödlich gewesen. Sonst wurde keiner verletzt. Der Mann hatte 750 Euro dabei, ein Feuerzeug, Zigaretten und einen Koran.