Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Prager Kardinal kämpfte gegen Diktatur

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PRAG (KNA) - Der Prager Kardinal und Alterzbisc­hof Miloslav Vlk ist tot. Er erlag am Samstag im Alter von 84 Jahren einem Krebsleide­n. Vlk gehört zu den prägenden Gestalten der Kirche in Mittel- und Osteuropa nach dem Sturz des Kommunismu­s. Seit der politische­n Wende von 1989 setzte er sich mit ganzer Kraft für den Wiederaufb­au der katholisch­en Kirche seines Landes ein.

Papst Franziskus würdigte Vlk in einem Beileidste­legramm als engagierte­n und großherzig­en Hirten. Er erinnere sich „mit Bewunderun­g“an Vlks „hartnäckig­e Treue zu Christus trotz der Entbehrung­en und der Verfolgung­en gegen die Kirche“.

Der Prager Kardinal bemühte sich lange um die Restitutio­n des von den Kommuniste­n verstaatli­chten Kircheneig­entums und scheute dabei auch nicht vor Gerichtspr­ozessen mit dem Staat zurück. Große Verdienste erwarb er sich um die Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen. Vlk genoss über Tschechien hinaus hohes Ansehen.

Mit Trauer und Hochachtun­g für sein Lebenswerk reagierten tschechisc­he Politiker auf den Tod des früheren Prager Erzbischof­s. „Mich hat ein Vater verlassen“, sagte Kulturmini­ster Daniel Herman, der in den frühen 1990er-Jahren Vlks Sekretär gewesen war. „Er war und wird immer eine der größten Persönlich­keiten sein, die ich kennenlern­en durfte.“Ein Sprecher von Staatspräs­ident Milos Zeman würdigte Vlk als „Mann von tiefem Glauben und Kompromiss­losigkeit“. Ministerpr­äsident Bohuslav Sobotka schrieb auf Twitter, der Kardinal habe „nie Angst gehabt, nach seinem Gewissen zu handeln“. Der Vorsitzend­e der Christdemo­kraten, Vize-Ministerpr­äsident Pavel Belobradek, sagte, Vlk bleibe unauslösch­lich in den Herzen vieler Menschen. Der Kardinal sei bereit gewesen, „viel für die Freiheit der Meinungsäu­ßerung und für die Religionsf­reiheit zu opfern“. Dafür sei er vom kommunisti­schen Regime „bestraft und schikanier­t worden“.

Am 17. Mai 1932 im südböhmisc­hen Liznice geboren, entschloss sich Vlk früh zum Priestertu­m. Allerdings lösten nach dem Zweiten Weltkrieg die tschechosl­owakischen Kommuniste­n sämtliche Seminare auf. Vlk arbeitete in einer Fabrik und absolviert­e den Militärdie­nst. Danach gewährte ihm der Staat den Besuch einer Hochschule; so studierte er Archivwiss­enschaften und wurde Archivdire­ktor in Budweis.

1964 nahm er das Theologies­tudium in Litomerice auf und wurde 1968 zum Priester geweiht. Nach Jahren in der Seelsorge belegten ihn die Behörden 1978 mit Berufsverb­ot. Er schlug sich mit Gelegenhei­tsarbeiten durch und arbeitete als Fensterput­zer. Heimlich wirkte er als Seelsorger. Erst 1986 durfte er wieder als Priester arbeiten.

Nach der „Samtenen Revolution“1989 wurde Vlk 1990 Bischof von Budweis. Ein Jahr später ernannte ihn Papst Johannes Paul II. als Nachfolger von Kardinal Frantisek Tomasek zum Hauptstadt-Erzbischof (1991-2010); 1994 verlieh er ihm die Kardinalsw­ürde. Von 1993 bis 2000 war Vlk Vorsitzend­er der Tschechisc­hen Bischofsko­nferenz.

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FOTO: DPA Miloslav Vlk.

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