Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Kampf, der keiner sein soll
Mit Fußball hatte das 1:1 zwischen Augsburg und Freiburg nicht viel zu tun
AUGSBURG - Das Wort Abstiegskampf wollte den Verantwortlichen und Spielern des FC Augsburg nach dem 1:1 (1:1) gegen den SC Freiburg nicht so recht über die Lippen kommen. Doch hätte gerade dieses Wort wie kein zweites für die vorangegangenen 90 Minuten stehen können. Denn mit Fußball hatte das Aufeinandertreffen der nun noch weiter dem 16. Platz entgegenstrebenden Augsburger und den mehr und mehr an den Europa-League-Plätzen schnuppernden Freiburgern über weite Teile eigentlich nicht mehr viel gemein. Am Ende der – nett formuliert – intensiven Partie standen allein drei verletzungsbedingte Augsburger Wechsel – Jeffrey Gouweleeuw (Knie), Jan Moravek (Adduktoren) und Kevin Danso (Fußprellung) – sowie mindestens eine tiefe Fleischwunde bei Nicolas Höfler auf Freiburger Seite. „Wir haben Freiburg heute sehr wenig Luft zum Atmen gelassen“, so die Sichtweise von Mittelfeldspieler Moritz Leitner. „Es war klar, dass Augsburg früh draufgeht. Es war heute ein Spiel an der Grenze – das ist kein Vorwurf. Es gehört sich so, dass man im Männerfußball mal hinlangt und auch mal einstecken muss“, sagte Freiburgs Mike Frantz. So kann man es dann eben auch sehen.
Einstecken musste Frantz selbst in der 30. Minute, als er, alleine vor Torwart Marwin Hitz aufgetaucht, von diesem von den Beinen geholt wurde. Dass Florian Niederlechner den anschließenden Elfmeter eiskalt verwandelte, war Makulatur. Mehr Redebedarf bestand zumindest von Expertenseite wegen der Gelben Karte für Torwart Hitz, da der Angriff nicht Ball, sondern Mann gegolten haben sollte. Glatt rot, eigentlich. „Das war eine normale 1:1-Situation, in der ich etwas Risiko gehen muss, um zu versuchen, den Ball zu bekommen“, sagte dagegen Hitz. Acht Minuten später war Konstantinos Stafylidis für die Augsburger zur Stelle und köpfte unbedrängt an SC-Keeper Alexander Schwolow zum Ausgleich ein. Dass Stafylidis sein viertes Saisontor mit Karbon-Manschette und gebrochenem Handknochen erzielte, hatte im Übrigen nichts mit dem Spiel zu tun, sondern war einer früheren Verletzung geschuldet. Ansonsten definierte sich das Niveau des Spiels neben der Härte vor allem durch wenig Höhepunkte.
Da die Tabellennachbarn aus Wolfsburg und Bremen im Gegensatz zum FCA dreifach punkteten und die Fuggerstädter nur zwei Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz haben, machte es den Spielern nicht leicht, das Unentschieden einzuordnen. „Fußball ist schon verrückt und natürlich ist das nicht einfach für den Kopf, aber wenn wir so spielen wie heute, werden wir die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holen“, glaubte Hitz.
Auch sein Trainer Manuel Baum sieht seine Mannschaft auf einem guten Weg. „Wir haben gezeigt, dass wir in die Liga gehören. Wenn man sich die Saison anschaut, ist es möglich, gegen alle zu gewinnen und gegen alle zu verlieren. Wenn wir gegen Bayern genauso auftreten wie heute, können wir auch da etwas holen.“Zudem macht der Trainer eine einfache Rechnung auf: „Wenn wir in jedem Spiel einen Punkt holen, dann denke ich, dass es reicht“, so Baum. Ja, wenn. Manager Stefan Reuter sieht seine Mannschaft mit einem besonderen Plus im Saisonendspurt: „Wir haben charakterlich eine tolle Mannschaft. Diese Geschlossenheit stimmt mich zuversichtlich. Zudem ist die Situation für uns nicht ungewohnt.“Durchhalteparolen oder echter Optimismus?
Streich punktet im Sportstudio Sein Freiburger Pendant Christian Streich hat eher andere Sorgen. Die Breisgauer stehen mit nun 35 Punkten nur zwei Zähler hinter Rang sechs und einen hinter dem siebten Platz, der möglicherweise Qualifikationsspiele zur Europa League bringen könnte. „Wir wollen so weit kommen wie möglich, das ist klar“, erklärte Streich im „Aktuellen Sportstudio“des ZDF. Allgemein sammelte er in typischer Streich-Manier weiter Sympathiepunkte, analysierte sachlich und bodenständig die Situation seines Kaders, der Gesellschaft und auch der Fans im Stadion: „Selbstverständlich wünscht man sich Menschen, die politische und soziale Wesen sind. Da spielen 22 Jungs auf dem Platz, plus die auf der Bank, das sind zehn, elf, zwölf Nationalitäten. Wie kommen wir dann auf die Idee, andere Menschen auszugrenzen?“oder auch: „Ich war schon oft im Ausland und habe sehr, sehr viel Gastfreundschaft und Nähe erlebt. Warum soll das hier nicht so sein?“
Zuvor in Augsburg war er hingegen nicht nur froh über die bisherige Ausbeute seines Teams, sondern hatte auch gleich eine Erklärung für das Zusammenrücken der unteren Tabellenregion parat: „Wir sind total froh mit unseren Punkten. Und wenn eine Mannschaft mit der Qualität von Wolfsburg dort unten steht, ist es klar, dass irgendwann die Serie kommt.“