Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wenn die Liga verrückt spielt
nalysen sind bekanntlich immer davon abhängig, von welcher Seite sie betrachtet werden. Während man den Fans und Machern des SV Werder Bremen nach dem 3:0 gegen RB Leipzig ein munteres „Felix Austria!“entgegenrufen könnte, könnten Ralph Hasenhüttl und die Geldgeber seines Clubs durchaus mindestens kurz „Ausgerechnet!“gedacht haben. In Zlatko Junuzovic (34.), Florian Grillitsch (59.) und Florian Kainz (90.) machten drei Österreicher die Tore für Bremen gegen das mit österreichischen Brausemillionen alimentierte aktuelle sportliche Lieblingsprojekt von Red-Bull-Gründer Didi Mateschitz. „Mir ist das relativ egal, wer die Tore macht, sie tun alle gleich weh, auch von Landsleuten“, sagte Hasenhüttl, der aus dem kärntnerischen Graz stammt. Doch Junuzovic, übrigens ein bekennender Red-Bull-Trinker, aber eben auch bekennender Werderaner, brachte es auf den Punkt: „Um den Kaiserschmarrn werden wir nicht drumherumkommen.“Leipzig hat nur einen Punkt aus den letzten drei Spielen gewonnen, in der Rückrunde steht der reichste Aufsteiger aller Zeiten nur auf Platz zwölf, der Vorsprung auf den BVB (drei Punkte) und Hoffenheim (vier) auf den Plätzen schmilzt. Das Schlusswort zur sportlichen Situation geht an einen weiteren Österreicher, an Angreifer Marcel Sabitzer: „Wir müssen aufpassen, dass wir es nicht noch verbocken“, sagte er.
Bereits in der Wochenendausgabe der „Schwäbischen Zeitung“war in der „Randnotiz“die Rede davon, dass die gerne und viel zitierten 40 Punkte in dieser Saison möglicherweise nicht reichen könnten, um den Abstieg zu vermeiden. Wie zum Beweis, punkteten am 25. Spieltag ungewöhnlich viele Clubs aus der unteren Tabellenregion, die in dieser Spielzeit im Grunde schon auf Platz neun beginnt. Außer Bremen gewannen auch Wolfsburg (1:0 gegen Darmstadt dank eines Treffers von, na klar, Mario Gomez) und Schalke (1:0 gegen Mainz durch ein Tor von Sead Kolasinac). Der HSV (0:0 in Frankfurt) und Augsburg (1:1 gegen Freiburg) spielten nur remis – und bleiben voll im Schlamassel. In den sich schnurstracks auch Mainz, Leverkusen (0:1 in Hoffenheim) und Mönchengladbach (0:1 gegen Bayern) bewegen. „Wir müssen in der Tabelle nach unten schauen. Alles läuft bei uns wie verflucht“, sagte Rudi Völler, Sportchef des Tabellenelften Leverkusen. Was sollen da die Wolfsburger sagen! Die sind, trotz des Aufwärtstrends unter dem neuen Trainer Andries Jonker, noch nicht einmal ansatzweise gerettet. „Da holt man sieben Punkte in den letzten drei Spielen und ist immer noch 15. – fühlt sich komisch an“, sagte Gomez, der darum die Fortsetzung seiner unglaublichen Jonkerserie (zwölf Treffer in neun Spielen unter dem Niederländer) nur mit Halbgas feiern konnte. Obwohl sein Tor diesmal recht amüsant, weil per Gesicht statt Stirn erzielt, gewesen war und durchaus ein wenig mehr Euphorie verdient gehabt hätte. Passend zu alldem die Analyse von Lothar Matthäus: „Die Bundesliga spielt verrückt. Speziell hinten punkten die Mannschaften in einer Weise, die man ihnen nicht zugetraut hatte.“Übrigens: Sollten alle Bundesligisten ihren aktuellen Punkteschnitt des Jahres bis zum 34. Spieltag durchziehen, würde Augsburg am Ende den Relegationsplatz belegen – mit 40 Punkten. Der HSV und Leverkusen würden auf Platz 14 und 13 austrudeln, beide mit 41 Zählern. Wobei man sich bei Leverkusen vielleicht nicht allzu sicher sein sollte, dass sie ihren Schnitt halten. Der neue Trainer Tayfun Korkut wartet nunmehr seit 15 Spielen (zwei mit Bayer, 13 mit Hannover, wo er im April 2015 gehen musste, auf einen Sieg.
Es kommt nicht oft vor, dass an dieser Stelle Schiedsrichter erwähnt werden. Wolfgang Stark aber hat sich eine Würdigung verdient. Der 47-jährige Niederbayer ist seit Sonntag alleiniger Rekordschiedsrichter der Bundesliga. Das Spiel zwischen Mainz und Schalke war Starks 339. Einsatz in der deutschen Eliteliga. Damit hat Stark seinen früheren Kollegen Markus Merk überholt. Seine Premiere feierte er am 4. April 1997, bei einem 2:5 des 1. FC Köln gegen den MSV Duisburg.