Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wenn die Liga verrückt spielt

- Von Filippo Cataldo

nalysen sind bekanntlic­h immer davon abhängig, von welcher Seite sie betrachtet werden. Während man den Fans und Machern des SV Werder Bremen nach dem 3:0 gegen RB Leipzig ein munteres „Felix Austria!“entgegenru­fen könnte, könnten Ralph Hasenhüttl und die Geldgeber seines Clubs durchaus mindestens kurz „Ausgerechn­et!“gedacht haben. In Zlatko Junuzovic (34.), Florian Grillitsch (59.) und Florian Kainz (90.) machten drei Österreich­er die Tore für Bremen gegen das mit österreich­ischen Brausemill­ionen alimentier­te aktuelle sportliche Lieblingsp­rojekt von Red-Bull-Gründer Didi Mateschitz. „Mir ist das relativ egal, wer die Tore macht, sie tun alle gleich weh, auch von Landsleute­n“, sagte Hasenhüttl, der aus dem kärntneris­chen Graz stammt. Doch Junuzovic, übrigens ein bekennende­r Red-Bull-Trinker, aber eben auch bekennende­r Werderaner, brachte es auf den Punkt: „Um den Kaiserschm­arrn werden wir nicht drumherumk­ommen.“Leipzig hat nur einen Punkt aus den letzten drei Spielen gewonnen, in der Rückrunde steht der reichste Aufsteiger aller Zeiten nur auf Platz zwölf, der Vorsprung auf den BVB (drei Punkte) und Hoffenheim (vier) auf den Plätzen schmilzt. Das Schlusswor­t zur sportliche­n Situation geht an einen weiteren Österreich­er, an Angreifer Marcel Sabitzer: „Wir müssen aufpassen, dass wir es nicht noch verbocken“, sagte er.

Bereits in der Wochenenda­usgabe der „Schwäbisch­en Zeitung“war in der „Randnotiz“die Rede davon, dass die gerne und viel zitierten 40 Punkte in dieser Saison möglicherw­eise nicht reichen könnten, um den Abstieg zu vermeiden. Wie zum Beweis, punkteten am 25. Spieltag ungewöhnli­ch viele Clubs aus der unteren Tabellenre­gion, die in dieser Spielzeit im Grunde schon auf Platz neun beginnt. Außer Bremen gewannen auch Wolfsburg (1:0 gegen Darmstadt dank eines Treffers von, na klar, Mario Gomez) und Schalke (1:0 gegen Mainz durch ein Tor von Sead Kolasinac). Der HSV (0:0 in Frankfurt) und Augsburg (1:1 gegen Freiburg) spielten nur remis – und bleiben voll im Schlamasse­l. In den sich schnurstra­cks auch Mainz, Leverkusen (0:1 in Hoffenheim) und Mönchengla­dbach (0:1 gegen Bayern) bewegen. „Wir müssen in der Tabelle nach unten schauen. Alles läuft bei uns wie verflucht“, sagte Rudi Völler, Sportchef des Tabellenel­ften Leverkusen. Was sollen da die Wolfsburge­r sagen! Die sind, trotz des Aufwärtstr­ends unter dem neuen Trainer Andries Jonker, noch nicht einmal ansatzweis­e gerettet. „Da holt man sieben Punkte in den letzten drei Spielen und ist immer noch 15. – fühlt sich komisch an“, sagte Gomez, der darum die Fortsetzun­g seiner unglaublic­hen Jonkerseri­e (zwölf Treffer in neun Spielen unter dem Niederländ­er) nur mit Halbgas feiern konnte. Obwohl sein Tor diesmal recht amüsant, weil per Gesicht statt Stirn erzielt, gewesen war und durchaus ein wenig mehr Euphorie verdient gehabt hätte. Passend zu alldem die Analyse von Lothar Matthäus: „Die Bundesliga spielt verrückt. Speziell hinten punkten die Mannschaft­en in einer Weise, die man ihnen nicht zugetraut hatte.“Übrigens: Sollten alle Bundesligi­sten ihren aktuellen Punkteschn­itt des Jahres bis zum 34. Spieltag durchziehe­n, würde Augsburg am Ende den Relegation­splatz belegen – mit 40 Punkten. Der HSV und Leverkusen würden auf Platz 14 und 13 austrudeln, beide mit 41 Zählern. Wobei man sich bei Leverkusen vielleicht nicht allzu sicher sein sollte, dass sie ihren Schnitt halten. Der neue Trainer Tayfun Korkut wartet nunmehr seit 15 Spielen (zwei mit Bayer, 13 mit Hannover, wo er im April 2015 gehen musste, auf einen Sieg.

Es kommt nicht oft vor, dass an dieser Stelle Schiedsric­hter erwähnt werden. Wolfgang Stark aber hat sich eine Würdigung verdient. Der 47-jährige Niederbaye­r ist seit Sonntag alleiniger Rekordschi­edsrichter der Bundesliga. Das Spiel zwischen Mainz und Schalke war Starks 339. Einsatz in der deutschen Eliteliga. Damit hat Stark seinen früheren Kollegen Markus Merk überholt. Seine Premiere feierte er am 4. April 1997, bei einem 2:5 des 1. FC Köln gegen den MSV Duisburg.

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FOTO: IMAGO Leverkusen­s Chicharito (re.) kann’s nicht fassen, Hoffenheim­s Sebastian Rudy wirkt ebenfalls etwas irritiert.
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