Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Highspeed-Internet meist langsamer als versprochen
Kunden erhalten nur selten vereinbarte Übertragungsgeschwindigkeit – Netzagentur droht mit Konsequenzen
BONN (dpa) - Beim schnellen Internet halten viele Versorger ihre Versprechen hoher Spitzenübertragungsraten nicht ein: Die Breitbandanschlüsse erreichten in den allermeisten Fällen nicht die versprochenen und oft breit beworbenen Maximalwerte, berichtete die Bundesnetzagentur nach Messungen von insgesamt rund 160 000 Festnetzund Mobilanschlüssen.
Im Festnetz hätten nur rund zwölf Prozent der Anschlüsse tatsächlich die vertraglich zugesicherte Maximalgeschwindigkeit geliefert, bei Mobilfunkanschlüssen waren es nur rund fünf Prozent, heißt es in der Studie. „Wenn die Anbieter zukünftig weiter keine realistischen Geschwindigkeitsangaben machen, kann die Bundesnetzagentur gegen einzelne Unternehmen Verfahren durchführen“, sagte ein Sprecher.
Gemessen wurde bei gut 106 000 Festnetz- und knapp 54 000 Mobilfunkkunden, die zwischen September 2015 und September 2016 ein entsprechendes kostenloses Angebot der Behörde in Anspruch genommen hatten. Der Vergleich zu Studien aus den Jahren 2012 und 2013 habe gezeigt, dass die Internetbranche mit dem aktuellen Ergebnis keine wesentlichen Verbesserungen erreicht habe.
Beim Festnetz seien vor allem die kleineren Leitungen zwischen acht und 18 Mbit pro Sekunde mit schlechten Leistungen aufgefallen. Leitungen der höchsten Klasse zwischen 200 und 500 Mbit schnitten vielfach besser ab. Dort gebe es aber in der abendlichen intensiven Nutzungszeit Probleme. Insgesamt hätten immerhin die Hälfte der Festnetznutzer mindestens 60 Prozent der vereinbarten Datenrate auch tatsächlich bekommen, sagte Netzagenturchef Jochen Homann.
Beim Mobilfunk liegt das Leistungsniveau laut Netzagentur noch deutlich darunter. Vor allem hohe LTE-Geschwindigkeiten von 300 Mbit pro Sekunde, die viele Mobilfunkanbieter in der Werbung versprechen, würden in der Praxis nur „in Ausnahmefällen“erreicht.
Der Branchenverband Bitkom verwies auf technische Zusammenhänge: Bei DSL-Anschlüssen spiele vor allem die Länge der Leitung bis zum jeweiligen Endkundenanschluss sowie die Verkabelung im Haus eine wesentliche Rolle. „In den Kabelnetzen können Schwankungen der Leistungsfähigkeit durch die parallele Nutzung mehrerer Endnutzer auftreten.“Auch im Mobilfunk wirke sich das auf die Bandbreite aus. In den Mobilfunknetzen hänge die Geschwindigkeit ferner vom Standort des Nutzers ab.
Scharfe Kritik an den Anbietern kam vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Verbraucher müssen die Leistung bekommen, für die sie bezahlen“, verlangte dessen Vorstand Klaus Müller. Er forderte gesetzliche Regelungen, um dies sicherzustellen. Darin müssten auch Rechte der Verbraucher festgeschrieben werden, ihren Vertrag zu kündigen oder Zahlungen zu mindern, sollten sich Anbieter nicht an vertragliche Zusagen halten. Auch die Grünen forderten Sanktionen bei hohen Abweichungen. „Wenn nicht mal ein Viertel der Nutzer die vertraglich versprochene maximale Bandbreite erhält, dann grenzt das an einen systematischen Kundenbetrug“, erklärte Tabea Rößner, Sprecherin für digitale Infrastruktur der Grünen-Bundestagsfraktion.