Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Streit über Familiennachzug
Anspruch für rund 268 000 Syrer – Union pocht auf strikte Begrenzung, SPD und Opposition fordern Lockerungen
BERLIN - 267 500 syrische Flüchtlinge haben hierzulande laut einem internen Bericht der Bundesregierung Anspruch darauf, ihre Familie nachzuholen. Sie sind nicht von der im Aufenthaltsgesetz geregelten Aussetzung des Nachzuges betroffen. Nach Prognosen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind demnach eine Viertelmillion Angehörige allein von syrischen Asylbewerbern zu erwarten.
Das Bamf rechnet durchschnittlich mit etwa einem Angehörigen pro Flüchtling. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres hatten allerdings nur etwa 40 000 Angehörige von anerkannten syrischen Asylbewerbern ein Visum für den Nachzug und die Zusammenführung der Familie beantragt. 2015 war das Flüchtlingsbundesamt noch davon ausge- gangen, dass bis zu 500 000 syrische Flüchtlinge ihre Angehörigen nach Deutschland holen könnten. Die Union drängt angesichts der Zahlen darauf, die Beschränkung des Familiennachzuges für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz über das Frühjahr 2018 hinaus zu verlängern. SPD und Opposition fordern dagegen eine schnelle Lockerung.
„Im Gegensatz zur SPD treten wir für eine Anschlussregelung ein“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Stephan Harbarth, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Mit uns wird es keine vorzeitige Rückkehr zum alten Zustand geben. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtige bleibt bis zum März 2018 ausgesetzt“, so der CDUPolitiker. So hätten es Union und SPD im Bundestag beschlossen und im Koalitionsausschuss bekräftigt. „Der Familiennachzug muss auch in Zukunft auf ein Maß begrenzt werden, das die gesellschaftliche Akzeptanz nicht übersteigt und die Integrationsfähigkeit nicht überfordert“, sagte Harbarth. Ob es zu einer Rückkehr zum privilegierten Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte komme, werde nach der Bundestagswahl von der Regierungsbildung abhängen.
Auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, drängt auf eine Verlängerung der Ausnahmeregelung: „Es wäre eminent wichtig, dass der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz auch über 2018 hinaus weiter ausgesetzt wird“, erklärte er. Vom Familiennachzug gehe eine nicht zu unterschätzende Anziehungswirkung aus.
105 000 Visa erteilt Auch der Städte- und Gemeindebund drängt auf eine Verlängerung des eingeschränkten Familiennachzuges: Dieser sei deutlich gestiegen. So seien im Jahr 2016 insgesamt 105 000 Visa zum Familiennachzug erteilt worden, erklärte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Die Opposition hatte die Aussetzung des Familiennachzuges als „Raubbau am Grundrecht für Asyl“bezeichnet.