Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bundesregierung spricht von Kriegsverbrechen
Gabriel äußert sich zurückhaltend – Linken-Chef kritisiert deutsche Syrien-Politik
BERLIN/STUTTGART (dpa/sz) - Die Bundesregierung dringt auf eine schnelle Aufklärung und Ahndung des mutmaßlichen Giftgasangriffs in Syrien. „Die Verantwortlichen für dieses menschenverachtende Verbrechen müssen zur Rechenschaft gezogen werden – dies schließt, lassen sie mich das betonen, Präsident Assad und seine Regierung ein“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin. „Der Einsatz von Giftgas ist ein Kriegsverbrechen. Kriegsverbrechen müssen geahndet werden.“
Die Bundesregierung machte deutlich, dass sie die Schuld für den Angriff bei der syrischen Regierung vermutet. „Auch wenn in diesem Fall die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, so muss doch darauf hingewiesen werden, dass die Verantwortlichkeit des Assad-Regimes für Chemiewaffeneinsätze in der Vergangenheit bereits nachgewiesen wurde“, sagte Demmer. Au- ßenminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerte sich in Brüssel zunächst ähnlich: „Die Verantwortlichen des Assad-Regimes für diese Barbarei müssen zur Verantwortung gezogen werden.“Später ruderte Gabriel zurück: „Noch wissen wir nicht, wer letztlich für den Giftgasangriff verantwortlich ist. Wir müssen jetzt in die Aufklärungsarbeit gehen.“
Die Schuldfrage sei nachrangig, sagte indes Bernd Riexinger, der Bundesvorsitzende der Linken, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Hier ist erneut eine Grenze überschritten worden. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob es russische Bomben sind oder amerikanische, die töten. Die USA haben ja zuletzt einen Luftschlag durchgeführt, bei dem 33 Zivilsten starben – und das mit deutscher Unterstützung. Die Bundeswehr hat Aufklärungsfotos des Gebäudes – eine Schule! - an die Koalitionstruppen geliefert“, sagte der 61-Jährige in Stuttgart. „Ganz sicher ist militäri- sches Engagement im Nahen Osten kein geeignetes Mittel, um den Terror zu bekämpfen. Im Gegenteil, dadurch züchtet man Terrorismus.“Das Verbrechen müsse „lückenlos aufgeklärt werden, hier steht auch die Bundesregierung in der Pflicht. Die UN muss sämtliche Flugdaten erhalten, auch von den USA und der Bundeswehr.“
Außerdem forderte Riexinger: „Die Bundeswehr muss raus aus der Türkei. Der türkische Präsident Erdogan hat jahrelang den IS gestärkt und zugelassen, dass er sich bewaffnet. Die Bundesregierung darf sich nicht von der Türkei aus in Syrien einmischen. Und wir sollten nicht mit einem Präsidenten zusammenarbeiten, der in seinem Land systematisch eine Diktatur aufbaut.“