Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Diplomat
Ein früherer Vorgesetzter hat Jeremy Issacharoff vor Jahren einen „ der cleversten Leute“genannt, denen er begegnet sei. Jetzt schickt Israel seinen ranghöchsten Berufsdiplomaten im Jerusalemer Außenamt als Botschafter nach Berlin. Der 62Jährige gilt als herausragender Experte in Fragen der Terrorbekämpfung, des iranischen Atomprogramms sowie regionaler und nationaler Sicherheit – alles Felder, denen Premier Benjamin Netanjahu Priorität einräumt.
Netanjahu soll sich persönlich dafür eingesetzt haben, Issacharoff zum Nachfolger von Yakov Hadas- Handelsman zu bestimmen, der seit März 2012 die israelische Botschaft in Berlin- Dahlem leitete. Der in London geborene Jurist ist zwar kein ausgewiesener Deutschlandkenner. In seiner diplomatischen Karriere war Issacharoff, zuletzt Vize- Generaldirektor im Außenministerium, vor allem mit den Beziehungen zu den USA befasst. Aber in jungen Jahren widmete er seine Examensarbeit der Abschreckung in Zeiten des Kalten Krieges, in dem die damalige Frontstadt Berlin eine zentrale Rolle spielte.
Auch mit Netanjahu verbindet Issacharoff eine lange Geschichte. Die beiden begegneten sich erstmals in New York, wohin Issacharoff 1986 als Rechtsberater der israelischen UN- Mission entsandt wurde. Netanjahu diente seinerzeit als ihr Botschafter. Gemeinsam entwarfen sie dessen Reden vor den Vereinten Nationen, mit denen Netanjahu sich einen Namen machte. Dort lernte Issacharoff auch seine Frau Laura Kam kennen, die im israelischen Konsulat in New York arbeitete. Mit ihr hat er drei inzwischen erwachsene Kinder.
Politisch lässt sich Issacharoff nicht eindeutig festlegen. So wählte ihn auch Schimon Peres als Außenminister in den frühen 1990er- Jahren zum Berater. Es war die Zeit der geheimen Osloer Friedensverhandlungen mit den Palästinensern. Zum Palästina- Konflikt hat er sich indes selten geäußert. Issacharoffs Credo, das Kapital eines Diplomaten sei Glaubwürdigkeit, Vorsicht und ein Nicht- Abweichen von der Wahrheit, dürfte ihm den Neubeginn in Berlin erleichtern. Inge Günther