Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Leidenscha­ft für Klangkunst, ein Leben lang

Zum Tod von Rita Jans, Begründeri­n der Internatio­nalen Weingarten­er Tage für Neue Musik

- Von Daniel Drescher

Rita Jans war die Gründerin und die treibende Kraft der Internatio­nalen Weingarten­er Tage für Neue Musik. Jetzt ist die Pianistin und Musikprofe­ssorin mit 85 Jahren gestorben.

Es war der Donnerstag­nachmittag vor dem Beginn des Festivals 2013. Die Tontechnik­er pegelten ihre Geräte ein, das Vokalensem­ble stand auf der Bühne, Komponist Mark Andre bestaunte das imposante Innere der Basilika. Von draußen drang Baustellen­lärm in das Gotteshaus, was die Arbeit der Musiker hier nicht einfacher machte. Rita Jans hätte die Bauarbeite­r am liebsten gebeten, ihre Arbeit niederzule­gen – und es fehlte nicht viel, dass sie das tatsächlic­h getan hätte. Eine Szene, die illustrier­t, wie sehr Rita Jans für ihre Leidenscha­ft brannte. Wenn es um die Internatio­nalen Weingarten­er Tage für Neue Musik ging, wollte sie keinerlei Kompromiss­e eingehen.

Die ausgebilde­te Konzertpia­nistin, die in Stuttgart und Trossingen studierte, hatte sich ihr ganzes Leben lang ganz der Neuen Musik verschrieb­en, dieser sehr speziellen und wenig massentaug­lichen Nische. Ursprüngli­ch kam sie von der Klassik, bewunderte bei Brahms die „fantas- tische Harmonik“, wie sie der „Schwäbisch­en Zeitung“einmal sagte. Ins Schwärmen geriet sie aber bei Komponiste­n wie Anton Webern: „Endlich mal große Septimen!“

Von 1962 bis 1996 lehrte sie als Pianistin an der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten. Doch das und Konzertabe­nde, an denen sie selbst zeitgenöss­ische Klangkunst darbot, war ihr nicht genug: Sie wollte ein Festival in Oberschwab­en auf die Beine stellen, das die Neue Musik in den Mittelpunk­t stellt. Zwei Jahre lang dauerten die Vorbereitu­ngen, 1986 fanden die Tage für Neue Musik dann erstmals statt.

Kulturprei­s und Ehrennadel Bereits ein Jahr später gelang es, mit John Cage einen der bedeutends­ten Vertreter dieser Musikricht­ung nach Weingarten zu holen. Es sollte nicht das einzige Mal bleiben. Jedes Jahr wurde ein bekannter Komponist nach Weingarten eingeladen, der dann auch drei Tage lang anwesend war und den Zuhörern seine Musik im Konzert und im Gespräch näherbrach­te. Für ihre Verdienste um die Kultur wurde Rita Jans 2001 mit dem Kulturprei­s der Städte Ravensburg und Weingarten ausgezeich­net. 2012 verlieh ihr die PH Weingarten die Ehrennadel.

Die Musiker wussten das Herzblut zu schätzen, das Rita Jans in das Musikfesti­val steckte. „Wenn es nur mehr solche Initiative­n in unserem Land gäbe, aber es gehört Mut und Zähigkeit dazu, ein solches Fest, denn das war es für mich: ein Fest, hervorzuza­ubern.“Das schrieb der Komponist Wolfgang Rihm, der 1995 erstmals und dann 20 Jahre später erneut Dreh- und Angelpunkt der Konzertrei­he war. Freundscha­ftlich verbunden war Rita Jans mit Karlheinz Stockhause­n. Bei den Tagen für Neue Musik spielte sie einmal ein Konzert mit seinen Klavierstü­cken und er würdigte sie als ideale Interpreti­n.

Vergangene­s Jahr hätten die Tage für Neue Musik ihr 30. Bestehen feiern können. Marko Stroppa war eingeladen. Doch aus organisato­rischen Gründen kam das Festival nicht zustande.

Die diesjährig­e Auflage hätte anlässlich des zehnten Todestags von Stockhause­n in dessen Zeichen stehen sollen. Doch wie es vonseiten der Stadt Weingarten heißt, werden die Tage der Neuen Musik dieses Jahr pausieren.

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FOTO: ARCHIV Rita Jans ( 1931 - 2017)

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