Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Leidenschaft für Klangkunst, ein Leben lang
Zum Tod von Rita Jans, Begründerin der Internationalen Weingartener Tage für Neue Musik
Rita Jans war die Gründerin und die treibende Kraft der Internationalen Weingartener Tage für Neue Musik. Jetzt ist die Pianistin und Musikprofessorin mit 85 Jahren gestorben.
Es war der Donnerstagnachmittag vor dem Beginn des Festivals 2013. Die Tontechniker pegelten ihre Geräte ein, das Vokalensemble stand auf der Bühne, Komponist Mark Andre bestaunte das imposante Innere der Basilika. Von draußen drang Baustellenlärm in das Gotteshaus, was die Arbeit der Musiker hier nicht einfacher machte. Rita Jans hätte die Bauarbeiter am liebsten gebeten, ihre Arbeit niederzulegen – und es fehlte nicht viel, dass sie das tatsächlich getan hätte. Eine Szene, die illustriert, wie sehr Rita Jans für ihre Leidenschaft brannte. Wenn es um die Internationalen Weingartener Tage für Neue Musik ging, wollte sie keinerlei Kompromisse eingehen.
Die ausgebildete Konzertpianistin, die in Stuttgart und Trossingen studierte, hatte sich ihr ganzes Leben lang ganz der Neuen Musik verschrieben, dieser sehr speziellen und wenig massentauglichen Nische. Ursprünglich kam sie von der Klassik, bewunderte bei Brahms die „fantas- tische Harmonik“, wie sie der „Schwäbischen Zeitung“einmal sagte. Ins Schwärmen geriet sie aber bei Komponisten wie Anton Webern: „Endlich mal große Septimen!“
Von 1962 bis 1996 lehrte sie als Pianistin an der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Doch das und Konzertabende, an denen sie selbst zeitgenössische Klangkunst darbot, war ihr nicht genug: Sie wollte ein Festival in Oberschwaben auf die Beine stellen, das die Neue Musik in den Mittelpunkt stellt. Zwei Jahre lang dauerten die Vorbereitungen, 1986 fanden die Tage für Neue Musik dann erstmals statt.
Kulturpreis und Ehrennadel Bereits ein Jahr später gelang es, mit John Cage einen der bedeutendsten Vertreter dieser Musikrichtung nach Weingarten zu holen. Es sollte nicht das einzige Mal bleiben. Jedes Jahr wurde ein bekannter Komponist nach Weingarten eingeladen, der dann auch drei Tage lang anwesend war und den Zuhörern seine Musik im Konzert und im Gespräch näherbrachte. Für ihre Verdienste um die Kultur wurde Rita Jans 2001 mit dem Kulturpreis der Städte Ravensburg und Weingarten ausgezeichnet. 2012 verlieh ihr die PH Weingarten die Ehrennadel.
Die Musiker wussten das Herzblut zu schätzen, das Rita Jans in das Musikfestival steckte. „Wenn es nur mehr solche Initiativen in unserem Land gäbe, aber es gehört Mut und Zähigkeit dazu, ein solches Fest, denn das war es für mich: ein Fest, hervorzuzaubern.“Das schrieb der Komponist Wolfgang Rihm, der 1995 erstmals und dann 20 Jahre später erneut Dreh- und Angelpunkt der Konzertreihe war. Freundschaftlich verbunden war Rita Jans mit Karlheinz Stockhausen. Bei den Tagen für Neue Musik spielte sie einmal ein Konzert mit seinen Klavierstücken und er würdigte sie als ideale Interpretin.
Vergangenes Jahr hätten die Tage für Neue Musik ihr 30. Bestehen feiern können. Marko Stroppa war eingeladen. Doch aus organisatorischen Gründen kam das Festival nicht zustande.
Die diesjährige Auflage hätte anlässlich des zehnten Todestags von Stockhausen in dessen Zeichen stehen sollen. Doch wie es vonseiten der Stadt Weingarten heißt, werden die Tage der Neuen Musik dieses Jahr pausieren.