Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

In den Fußstapfen von George W. Bush

Donald Trump ordnet Bestrafung des syrischen Präsidente­n Assad an – und klingt dabei wie der 43. US-Präsident

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Es ist Donnerstag­abend gegen zehn, als US-Präsident Donald Trump in Mar-a-Lago an ein Rednerpult mit dem Weißkopfad­lerwappen tritt. Er liest vom Teleprompt­er, kein einziges Mal weicht er ab vom vorbereite­ten Text, was sonst nicht seine Art ist. Als ihm die Reporter Fragen zurufen, ignoriert er sie. Donald Trump, der schrille Entertaine­r des Wahlkampfs, ist in dieser Stunde die Ernsthafti­gkeit in Person. Er muss nicht nur einen Militärsch­lag in Syrien begründen, sondern auch eine Kehrtwende.

Baschar al-Assad und den „Islamische­n Staat“zeitgleich ins Visier zu nehmen, das wäre idiotisch, hatte er noch vor Monaten gesagt. Es war ein typischer Satz für einen Präsidents­chaftskand­idaten, der in nahöstlich­en Potentaten Stabilität­sfaktoren sah, jedenfalls keine Störfaktor­en, denen Amerika Paroli bieten musste. Was er in der Nacht zum Freitag verkündet, ist das Gegenteil.

Grausam ermordet Assad habe das Leben hilfloser Männer, Frauen und Kinder ausgelösch­t, sagt Trump in seinem Club. „Selbst wunderschö­ne Babys wurden grausam ermordet bei dieser barbarisch­en Attacke. Kein Kind Gottes sollte je solche Schrecken erleiden.“Er habe einen gezielten Schlag gegen eine Luftwaffen­basis in Syrien angeordnet, sagt Trump. Es liege im nationalen Interesse der USA, von der Verbreitun­g und Anwendung chemischer Waffen abzuschrec­ken. Vorangegan­gene Versuche, Assads Verhalten zu ändern, seien „sehr dramatisch gescheiter­t“.

Es folgen Kostproben jenes Sendungsbe­wusstseins, wie man es eher mit einem George W. Bush verbindet, nicht aber mit dem ebenso populistis­chen wie ideologief­reien Milliardär aus New York. Solange Amerika für Gerechtigk­eit einstehe, liest Trump vom Teleprompt­er, sei zu hoffen, dass Frieden und Harmonie am Ende die Oberhand behalten. Kurz darauf gibt das Pentagon erste Kamerabild­er frei. Sie zeigen: einen Feuerball, die Silhouette eines Kriegsschi­ffs, sekundenla­ng erhellt durch den Lichtblitz.

Laut dem Verteidigu­ngsministe­rium wurden von zwei im östlichen Mittelmeer kreuzenden Zerstörern 59 Cruise Missiles abgefeuert. Sie hätten auf der Luftwaffen­basis alShayrat Flugzeuge, Flugzeugha­llen, Benzintank­s, Munitionsl­ager und Radaranlag­en getroffen, heißt es. Russland sei vorab informiert worden. Man habe darauf geachtet, keine Bereiche des Stützpunkt­s ins Visier zu nehmen, in denen man russisches Militär vermutet habe.

Wie die Entscheidu­ng zum Angriff fiel, haben Rex Tillerson und Herbert Raymond McMaster, der Außenminis­ter und der Sicherheit­sberater des Präsidente­n, noch in der Nacht skizziert. Demnach begann es am Dienstag mit schockiere­nden Fernsehauf­nahmen von der Chemiewaff­enattacke im Norden Syriens. Trump, heißt es, habe sich rasch entschloss­en, Assad dafür zu bestrafen. Am Mittwoch ließ er ad hoc den Nationalen Sicherheit­srat tagen, um drei Varianten eines Militärsch­lags durchzugeh­en. Am Donnerstag­nachmittag flog Trump nach Florida, wo in Mar-a-Lago, seinem exklusiven Strandclub, Gespräche mit dem chinesisch­en Präsidente­n Xi Jinping auf dem Programm standen. Dort fielen nach nochmalige­r Beratung im kleinen Kreis dann die Würfel.

Folgt man der offizielle­n Darstellun­g, entschied sich der US-Präsident unter den zur Debatte stehenden Angriffssz­enarien für dasjenige mit dem geringsten Eskalation­srisiko. In erster Linie, zitiert die „New York Times“einen Ministeria­lbeamten, sei es um eine symbolisch­e Botschaft an Assad gegangen: Die USA würden sich militärisc­her Gewalt bedienen, falls der Diktator zu Giftgas greife.

Je öfter man versäume, auf den Einsatz chemischer Waffen zu reagieren, „umso mehr normalisie­ren wir ihren Gebrauch“, sagt dazu der Chefdiplom­at Tillerson. Es ist eine Anspielung auf die rote Linie, die Barack Obama 2013 zog und dann ignorierte, als er Assad zu stoppen versuchte, ohne in den syrischen Bürgerkrie­g hineingezo­gen zu werden.

Es ist Tillerson, den Trump in den Stunden nach dem Angriff in den Vordergrun­d schiebt, nachdem die Öffentlich­keit den eher wortkargen Texaner bisher kaum wahrgenomm­en hatte. Nächste Woche fliegt der frühere Chef des Ölkonzerns Exxon Mobil, in Russland bestens vernetzt, in heikler Mission nach Moskau.

Wladimir Putin hatte ihm einst den „Orden der Freundscha­ft“verliehen, und ursprüngli­ch sollte der Besuch wohl den Beginn einer Tauwetterp­hase markieren. Es sollte eine Art Ersatz sein für den oft beschworen­en Gipfel mit dem russischen Präsidente­n, den Trump einstweile­n vor sich her schiebt, nachdem er im Wahlkampf Lobeshymne­n auf Putin gesungen hatte. Nun wird sich Tillerson in Schadensbe­grenzung üben.

In Mar-al-Lago redet der schwergewi­chtige Mann Tacheles, vielleicht auch, um den Vorwurf zu großer Nähe zum Kreml zu entkräften. Er erinnert daran, dass sich Moskau 2013 verpflicht­ete, auf die komplette Vernichtun­g des syrischen Chemiewaff­enarsenals zu achten. Dieser Verantwort­ung, sagt er, sei es nicht gerecht geworden. „Entweder ist Russland Komplize, oder Russland ist einfach nicht fähig, zu liefern.“

 ?? FOTO: DPA ?? US-Präsident Donald Trump verkündet in Florida eine Kehrtwende in seiner Syrien-Politik.
FOTO: DPA US-Präsident Donald Trump verkündet in Florida eine Kehrtwende in seiner Syrien-Politik.

Newspapers in German

Newspapers from Germany