Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Stockholm steht nach Anschlag unter Schock
In der Innenstadt rast ein Lastwagen in die Menge – Mehrere Tote und Verletzte
STOCKHOLM (dpa) - Wieder rast ein Lastwagen in eine Menschenmenge. Wieder sterben Menschen – diesmal in der schwedischen Hauptstadt Stockholm.
„Lauft, lauft!“, ruft die Polizei den Menschen auf der Einkaufsmeile Drottninggatan zu. Die Straße mitten im Herzen Stockholms ist am Freitagnachmittag voll von Hauptstädtern, die noch schnell Wochenendeinkäufe erledigen, und Touristen, die bummeln wollen. Um kurz vor 15 Uhr rast ein Lastwagen in die Menge und von dort in das Kaufhaus Åhléns.
Kurz darauf zeigen Fernsehbilder, wie Menschen panisch aus dem Shopping-Center und von der Straße flüchten. „Es war fürchterlich. Unmengen von Blut auf der Straße, Menschen lagen überall“, sagt ein Augenzeuge dem schwedischen Fernsehen. „Viele um mich herum waren hysterisch“, erzählt eine Frau mit Tränen in den Augen.
Vier Menschen kommen laut schwedischen Medien ums Leben, mehr als ein Dutzend weitere wurden verletzt. Bis zum Abend seien Verletzte ins Krankenhaus gefahren worden, sagt Reichspolizeichef Dan Eliasson.
Am Abend nimmt die Polizei einen Mann fest. Er sei aber nicht derjenige, der den Lkw gesteuert habe, erklärte ein Polizeisprecher bei einer Pressekonferenz. Nach dem Fahrer wird weiter gefahndet.
Erinnerung an Berliner Anschlag Den Lastwagen einer Brauerei soll der Unbekannte Medienberichten zufolge unmittelbar vor dem Attentat gekapert haben. Das erinnert an den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im vergangenen Dezember. In Stockholm hatte der Fahrer gerade ein Restaurant beliefern wollen, als eine Person in die Fahrerkabine gesprungen und weggefahren sei. So erzählt es ein Brauereisprecher dem schwedischen Radio. Der Lkw-Fahrer wollte den Täter demnach noch stoppen, wurde dabei aber selbst angefahren.
In Stockholms Innenstadt werden die meisten zentralen Straßen gesperrt. U-Bahnen, S-Bahnen und Busse stellen den Betrieb komplett ein. Auch am Hauptbahnhof geht stundenlang nichts mehr. Tausende müssen zu Fuß nach Hause gehen. Kinos und Theater sagen alle Vorstellungen für den Abend ab.
Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven spricht früh von Terror. „Schweden ist angegriffen worden. Alles deutet auf eine Terrortat hin“, sagt er dem Fernsehsender SVT. Auf einer Pressekonferenz spricht er später den Opfern Mut zu. „Ihr sollt wissen, dass ganz Schweden hinter euch steht“, sagt Löfven. Schweden könne stolz auf die Menschen sein, die ihre Häuser für die geöffnet hätten, die am Freitag nicht nach Hause kommen konnten. „Das ganze Land steht zusammen“, sagt der Regierungschef. „Jetzt müssen wir unser Mitgefühl mit den Betroffenen zeigen.“
Auch Schwedens König Carl XVI. Gustaf ist geschockt. Seine Familie habe die Nachricht mit Bestürzung aufgenommen, schreibt das Königshaus kurz nach der Tat.
In anderen europäischen Metropolen sprechen Regierungschefs und Bürgermeister den Schweden ihr tiefes Mitgefühl aus. Zu genau wissen sie, wie es ist, wenn die eigene Hauptstadt Opfer eines Anschlags wird. „Die Londoner wissen, wie es sich anfühlt, sinnlosen und feigen Terrorismus zu ertragen“, sagt Bürgermeister Sadiq Khan.