Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Baggerboom und Minendepression
Beim Friedrichshafener Mischkonzern Zeppelin läuft es – zumindest in Westeuropa
FRIEDRICHSHAFEN - Die niedrigen Rohstoffpreise in der Welt und die so rege Bautätigkeit in Deutschland scheinen auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun zu haben. Die Geschäfte des Friedrichshafener Mischkonzerns Zeppelin beeinflussen die beiden Entwicklungen dagegen ganz entscheidend – erstere versucht Zeppelin seit Jahren in den Griff zu bekommen, zweitere hat dem Unternehmen im vergangenen Jahr einen einzigartigen Rekord beschert.
Der Konzern, der vor allem Bagger, Planierraupen und Kipplaster des US-Baumaschinenherstellers Caterpillar verkauft und vermietet, profitierte im Jahr 2016 von der außerordentlich guten Konjunktur der deutschen Bauindustrie und spürte deutlich die Zurückhaltung der Rohstoffbranche. Zwei Trends, die sich auch gegenläufig in der Bilanz von Zeppelin bemerkbar machen: Während der Umsatz der Sparte Deutschland mit Westeuropa stieg, gingen die Erlöse in Osteuropa und Zentralasien zurück. Und in Deutschland und Westeuropa vertreibt Zeppelin vor allem Maschinen für Bautätigkeiten, in Osteuropa und Zentralasien Maschinen für Minen und Rohstoffabbau.
Um die Dualität der Entwicklungen kam auch Peter Gerstmann, der Vorsitzende der Zeppelin-Geschäftsführung, nicht herum. „Insgesamt war 2016 ein sehr erfolgreiches Jahr“, sagte Gerstmann am Freitag bei der Vorstellung der Bilanz in Friedrichshafen. Der Gesamtumsatz sei um 1,5 Prozent auf 2,362 Milliarden Euro gestiegen. Der Nettogewinn betrug 59,1 Millionen Euro nach 56,1 Millionen Euro im Jahr 2015. „Keine Frage, das Geschäft in Deutschland läuft sehr gut, aber in Osteuropa und Zentralasien haben wir uns in schwierigen Märkten auch ganz gut geschlagen“, erklärte Gerstmann.
Wie gut das Geschäft für Zeppelin in Deutschland im Jahr 2016 gelaufen ist, erläuterte Gerstmanns Stellvertreter, Michael Heidemann, und verwies auf nichts weniger als einen Verkaufsrekord: Zeppelin hat noch nie so viele Baumaschinen in Deutschland verkauft wie im vergangenen Jahr. Das Unternehmen, dessen Gesellschafter die Zeppelin-Stiftung und damit die Stadt Friedrichshafen ist, setzte 2016 rund 5700 neue und mehr als 3000 gebrauchte Baumaschinen ab. Allein auf der Bauma, der weltgrößten Messe für Baumaschinen, verkaufte Zeppelin Baumaschinen und Motoren im Wert von rund 320 Millionen Euro.
Das Geschäft in Russland und der Ukraine, wichtigen Märkten in Osteuropa und Zentralasien, stagnierte dagegen. „Minenunternehmen und Produzenten von Rohstoffen haben bei den Rohstoffpreisen gerade wenig Interesse, neue Ausrüstung zu kaufen“, erklärte Heidemann. Ein Lichtblick sei aber der Zuschlag für einen Großauftrag in Armenien: Dort wird Zeppelin Bagger und Kipper für eine Goldmine im Wert von 65 Millionen US-Dollar liefern, dazu kommen Service-Dienstleistungen im Wert von 150 Millionen US-Dollar.
Der Verkauf von Caterpillar-Maschinen ist mit Abstand der wichtigste Geschäftsbereich des Konzerns. Die Sparte Deutschland und Westeuropa steuerte 2016 mehr als 50 Prozent zum Gesamtumsatz hinzu. Die Sparte Osteuropa und Zentralasien kam auf mehr als zwölf Prozent. Weitere Geschäftsbereiche sind die Vermietung von Baumaschinen mit mehr als 14 Prozent, der Verkauf von Motoren und Energiesystemen von Caterpillar mit 13 Prozent sowie der Bau von Anlagen für die Schüttgutverarbeitung mit elf Prozent.
Großauftrag für den Anlagenbau Der Anlagenbau hat seinen Sitz in Friedrichshafen und habe sich laut Gerstmann trotz eines Umsatzrückgangs sehr erfolgreich entwickelt, da die Sparte trotz eines Erlösverlustes von rund 20 Prozent das Vorsteuerergebnis von 2015 gehalten hat. Hoffnung mache zudem der Gewinn eines Großauftrages für eine Polyolefin-Anlage in Sibirien.
So zwiespältig sich das Geschäft von Zeppelin zuletzt entwickelt hat, so ambivalent sind auch die Aussichten – und zwar im Hinblick auf die Weltpolitik. Stabilisiere sich die Lage, gehe Zeppelin in ein erfolgreiches Jahr 2017. „Allerdings haben wir zurzeit so viele Bedrohungen in der Welt, die eine Depression auslösen können, wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, sagte Gerstmann. „Gerade genügt ein Funken, um sehr verheerende Kettenreaktionen auszulösen.“