Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wirtschaftspreis für drei Unternehmen
Ravensburger, Vetter, DWP erhalten die Auszeichnung für besonderes Engagement
RAVENSBURG - Entgegen früherer Prognosen befindet sich die Stadt Ravensburg derzeit und in naher Zukunft auf einem Wachstumskurs. Die Integration von Zuwanderern aller Art ist daher eine besondere Herausforderung. Dem trägt auch die Verleihung des diesjährigen Wirtschaftspreises Rechnung. Er geht an drei Betriebe, die sich darum auf unterschiedliche Weise verdient gemacht haben: das Pharmaunternehmen Vetter, die Ravensburger AG und die Handelsgemeinschaft für Fair-Trade-Produkte, DWP.
Letztere bekämpfe mit ihrem En- gagement Fluchtursachen in armen Ländern und leiste damit einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems, erklärte Oberbürgermeister Daniel Rapp bei der Preisübergabe am Donnerstag im Waaghaus. Das Preisgeld von jeweils 2000 Euro werden die Firmen investieren, um ihre Projekte weiterzuentwickeln: Udo Vetter, der spontan 15 Arbeitsplätze für Geflüchtete zur Verfügung gestellt hat, versprach, das Geld in die Ausbildung junger Zuwanderer zu stecken.
Kaffeebauern werden umgeschult Ravensburger hatte ein vorübergehend nicht benötigtes Firmengebäude als Erstunterkunft zur Verfügung gestellt und baut für die dort wohnenden Kinder einen Spielplatz. Und DWP nutzt das Preisgeld, um Kaffeebauern in Burundi für die Umschulung auf biologischen Anbau zu schulen.
Damit Ravensburg auch in Zukunft für die hier lebenden Menschen attraktiv und lebenswert ist, müssen laut OB Rapp die Kommunalpolitik und die örtliche Wirtschaft zwei große Herausforderungen gemeinsam meistern: Die Betriebe müssen sich entwickeln können und die Menschen brauchen bezahlbaren Wohnraum nahe bei ihren Arbeitsplätzen, damit das Verkehrssystem nicht unter dem Strom der Berufspendler zusammenbricht. Dazu habe der Regionalverband in dieser Woche entscheidende Weichen gestellt, indem er für eine Erweiterung der bestehenden Gewerbegebiete Mariatal, Karrer und Erlen grünes Licht gegeben habe.
Auf soziale Struktur achten Außerdem soll es auf Baindter Gemarkung nahe dem Logistikzentrum der Firma Dachser ein interkommunales Gewerbegebiet für den Gemeindeverband Mittleres Schussental geben. „Wenn eine Firma bei mir nach einem Gewerbegrundstück fragt, weil sie erweitern oder sich neu ansiedeln will, kann ich sie nicht auf die nächsten drei Jahre vertrösten. Sie braucht das Grundstück sofort.” Es gelte, durch Nachverdichtung Wohnraum im Innenbereich der Stadt zu schaffen und dabei auf eine gesunde soziale Struktur zu achten, damit keine Ghettos entstehen. Rapp bezeichnete es ferner als große Zukunftsaufgabe, intelligente Verkehrskonzepte zu entwickeln auf der Basis vorhandener Strukturen.
Industrie wandelt sich Was in naher Zukunft auf die Betriebe und die Kommunen zukommt, erläuterte der langjährige Vorstandsvorsitzende der Ravensburger AG, Karsten Schmitt, in seinem Vortrag über Digitalisierung. Die industrielle Revolution 2.0 habe bereits begonnen mit der Verknpüfung der virtuellen mit der realen Welt. Er prognostizierte das absehbare Ende heutiger Wirtschafts-Strukturen, wo ein Unternehmen von der Produktentwicklung über die Produktion und den Verkauf alles aus einer Hand organisiere. „Das weltweit größte Taxi-Unternehmen besitzt kein einziges Auto selbst. Und wenn jeder zu jeder Zeit ein selbst fahrendes Auto vor die eigene Haustür bestellen und es am Ende der Fahrt überall stehen lassen kann, bekommt Mercedes ein Absatzproblem.“
Die Welt erlebe derzeit einen gewaltigen wirtschaftlichen und sozialen Umbruch, dem sich kein Unternehmen, aber auch kein Privatmann entziehen könne, sagte Schmidt und beschrieb dabei eine Zukunft mit ungeahnten Möglichkeiten, aber auch den Zusammenbruch ganzer Wirtschaftszweige, wenn sie sich nicht flexibel genug auf die Veränderungen einstellen und sie für sich nutzen.