Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sigmaringen will das Polizeipräsidium
Bürgermeister Thomas Schärer wendet sich mit einem Brief an den Innenminister
SIGMARINGEN - In die Diskussion um einen möglichen Standort für das geplante Polizeipräsidium Oberschwaben hat sich nun auch der Sigmaringer Bürgermeister Thomas Schärer eingeschaltet. Mit einem Schreiben teilte er am Freitag dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl sein Interesse an einem Polizeipräsidium in Sigmaringen mit.
„Dank der raschen Verfügbarkeit an kostengünstigen Flächen und Gebäuden in der Innenstadt und in der ehemaligen Graf-Stauffenberg-Kaserne ist Sigmaringen als Standort eines Polizeipräsidiums Oberschwaben prädestiniert“, führt Schärer darin aus. Weiterer Standortvorteil seien die Nähe zu Ämtern und Gerichten. Zudem lobt Schärer in seinem Brief die „hervorragende Infrastruktur mit Schulen, Bauplätzen und Breitbandversorgung“. Schließlich sehe er ein Polizeipräsidium durchaus auch als Kompensation für den geplanten Verlust der Verkehrsdirektion des jetzigen Polizeipräsidiums sowie für die Belastung durch die Erstaufnahmestelle des Landes.
Der Lenkungsausschuss zur Überprüfung der Polizeireform hatte vor Kurzem empfohlen, die Kreise Ravensburg, Sigmaringen und Bodensee vom Polizeipräsidium Konstanz abzukoppeln und ein eigenes Präsidium Oberschwaben einzurichten. Aus den Stuttgarter Regierungsfraktionen ist indes zu hören, dass einem Präsidiumsstandort in Sigmaringen keine Chance eingeräumt wird. Demnach wird Ravensburg nach wie vor als heißester Favorit gehandelt. Hans-Ulrich Sckerl, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, sagte am Donnerstag in der Landtagsdebatte, dass die Koalition keine „politischen Gefälligkeitsentscheidungen treffen“werde.
Auflösung der Verkehrspolizeidirektion geplant Möglich sei dem Vernehmen nach aber, dass der Polizeistandort Sigmaringen prinzipiell personell verstärkt wird. Hintergrund ist die geplante Auflösung der Verkehrspolizeidirektion. Weil Beamte von dort aufgrund der besonderen Situation mit der Landeserstaufnahmestelle in Sigmaringen zumindest teilweise auch anderweitig eingesetzt werden, würden sie nach der Schließung im polizeilichen Tagesgeschäft vor Ort fehlen. Diese Problematik haben die Landespolitiker also anscheinend auf dem Schirm.
Nächste Woche soll es in Stuttgart wohl ein Spitzengespräch zwischen Ministerpräsident Kretschmann und Thomas Strobl geben. Die Fraktionen in Stuttgart beraten derzeit intern, welche Linie sie in Sachen Polizeireform verfolgen wollen. Bis zu besagtem Gespräch wollen sie wenigstens den Streit um die Standortfrage überwunden haben.
Das Innenministerium gibt sich in Bezug auf einen Präsidiumsstandort in Sigmaringen wortkarg. „Derzeit reden wir über die Zuschnitte, nicht über die Standorte“, sagt Ministeriumssprecher Carsten Dehner. Dass es grundsätzlich ein Polizeipräsidium Oberschwaben geben wird, sei praktisch sicher. „Das ist zumindest in allen drei Varianten drin, die der Lenkungskreis vorgelegt hat.“Wo es hinkommt, könne man aber erst sagen, wenn die politische Diskussion abgeschlossen ist.
Aus Sicht des Landkreises müssen die Wege der Polizei wieder kürzer werden. „Für den Landkreis war es ein Anliegen, im Rahmen der Evaluierung dieses Polizeipräsidium Oberschwaben zu erreichen“, sagt Landrätin Stefanie Bürkle. Sie habe gemeinsam mit Vertretern der Nachbarlandkreise Ravensburg und Bodenseekreis bei einem Gespräch mit dem Innenminister dafür geworben. Mit einem Präsidium Oberschwaben würde die Struktur des Regionalverbands, der Rettungsleitstelle und weitestgehend auch die des Bezirks der Staatsanwaltschaft und des Landgerichtsbezirks abgebildet. Dieses Ziel habe allerdings über der Standortfrage für das Präsidium gestanden. „Natürlich wünscht sich jeder Landkreis, Standort des Präsidiums zu sein, weil Standortentscheidungen auch immer Infrastrukturentscheidungen sind“, sagt Bürkle. Die Frage des Standorts solle jedoch in erster Linie polizeifachlich beantwortet werden. In den kommenden Wochen werde die Sigmaringer Verwaltung in Zusammenarbeit mit dem Stadtrat konkrete Vorschläge für die Realisierung eines Polizeipräsidiums erarbeiten. Das teilt die Stadt in einer Pressemitteilung mit. Dafür würden Sachargumente zusammengetragen und Standortalternativen abgewogen.