Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Neuer Versuch gegen die Spezialverteidiger
Die TTF Liebherr Ochsenhausen treffen im Halbfinale gegen Fulda auf unangenehme Gegner: Tischtennis-Abwehrspieler
OCHSENHAUSEN (zak) - Vier Jahre waren sie nicht mehr im Endspiel in Frankfurt, doch die junge Rasselbande der TTF Liebherr Ochsenhausen bekommt es ab Sonntag (15 Uhr/Liebherr-Halle) im Bundesliga-Halbfinale mit Gegnern zu tun, die Tischtennisspieler so gerne mögen wie Rückenschmerzen – zwei Abwehrspielern. In Ruwen Filus, dem einstigen Ochsenhausener, und Wang Xi, dem inzwischen eingebürgterten Chinesen, hat der TTC Fulda gleich zwei dieser raren Spezies in seinen Reihen, die im Tischtennis heutzutage so selten sind wie Serve-and-volley-Spieler im Tennis. Wozu das führen kann, haben die TTF in der Vorrunde gesehen – zu zwei epischen, vierstündigen Grabenkämpfen, an deren Ende sie jeweils mit 2:3 verloren. Das wiederum hatte vorwiegend mit Filus zu tun – der 29Jährige gewann all seine vier Partien.
Pünktlich zur WM im eigenen Land Anfang Juni in Düsseldorf scheint Filus in der Form seines Lebens zu sein. Der gebürtige Bückeburger, der 2003 Schüler-Europameister war und 2010 für ein Jahr (als letzter deutscher Nationalspieler) in Ochsenhausen spielte, dort aber kaum zum Einsatz kam, hat sich Jahr für Jahr in der Liga gesteigert und sein Spielsystem verfeinert. Allrounder wie er brauchen Zeit, ihre Kunst zu veredeln, Filus hat sie sich genommen. Bei 13:7 Siegen steht seine Bilanz in der Liga, als Nr. 34 der Welt ist er inzwischen drittbester deutscher Tischtennisspieler. Auch von Rückschlägen ließ sich Filus nie kleinkriegen, egal ob es eine verpasste WM oder ein Olympia-Aus war. Und der Schicksalsschlag, der ihn und seine Frau vor drei Jahren ereilte, hat ihn offenbar noch bewusster und zielstrebiger gemacht. Tochter Marie bekam bei der Geburt zu wenig Sauerstoff, musste lange reanimiert werden und lag im künstlichen Koma. Die Kleine ist körperlich und geistig schwerstbehindert, aber Filus hat den Kampf angenommen. „Wir werden unserer Tochter alle denkbaren Therapien ermöglichen, um ihr ein so selbstbestimmtes Leben wie möglich zu bieten“, sagt Filus, der derzeit Geld sammelt für Maries Delfintherapie in der Karibik.
„Ich kann nicht mehr so regelmäßig trainieren wie früher, dafür sind die Behandlungen unseres Kinds zu aufwendig“, sagt Filus, der außerdem noch ein Maschinenbau-Fernstudium absolviert. Für die Ochsenhausener hat sein Aufwand – zumindest bisher – gereicht. Das soll sich ändern, geht es nach TTF-Trainer Dubravko Skoric. Der Kroate hofft auch auf die Zuschauer, die die TTF in der Best-ofThree-Serie nach vorne treiben sollen: „Gerade gegen Abwehrspieler, gegen die man sich Punkt für Punkt schwer erarbeiten muss, ist es gut, wenn man die eigenen Fans im Rücken hat.“Neben Simon Gauzy und Hugo Calderano könnten die TTF auch mit einem eigenen Abwehrspieler dagegenhalten, dem Japaner Yuto Muramatsu. „Simon und Yuto haben im Training richtig überzeugt, es ist, als hätten sie nochmal einen Schalter umgelegt“, sagt TTF-Chef Kristijan Pejinovic. Es könnte wieder lange Ballwechsel geben am Sonntag.