Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schäuble gegen Großreform der Währungsunion
Die EU debattiert über eine Vereinheitlichung der Politik – Bundesfinanzminister nennt Ideen unrealistisch
VALLETTA (dpa) - Deutschland stellt sich gegen Ideen für eine weitreichende Reform der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion mit einem eigenen Haushalt und Finanzminister. Nötig wären dafür Vertragsänderungen, und dies sei derzeit unrealistisch, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble am Wochenende nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen auf Malta.
„Lasst uns uns konzentrieren, pragmatisch die zentralen Probleme Europas“zu lösen, sagte der CDUPolitiker. Dazu zählte er die Flüchtlingskrise und die Stabilisierung der gemeinsamen Währung Euro. Notfalls müsse dies mit verschiedenen Geschwindigkeiten geschehen. Geltende Regeln müssten durchgesetzt werden. Dagegen sei der Spielraum für eine Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion „nach dem europäischen Primärrecht außerordentlich begrenzt“.
Zuletzt hatten die EU-Kommission und das Europaparlament Reformideen für die EU vorgelegt, unter anderem mit dem Ziel einer einheitlicheren Politik . Debattiert wird auch die Berufung eines hauptamtlichen Vorsitzenden der Eurogruppe oder auch eines „Finanzministers“. Die Kommission hat für die nächsten Wochen ein Diskussionspapier angekündigt. Schäuble sagte jedoch, weitreichende Änderungen und Korrekturen der Verträge seien in der EU nicht durchzusetzen. Das lohnt im Augenblick die Mühe nicht, sagte der Minister.
Mit seinen Kollegen war er sich jedoch einig über den Plan, Investitionen in Afrika zu fördern und über wirtschaftliche Perspektiven Fluchtursachen zu lindern. „Das ist eine Riesenaufgabe“, sagte Schäuble. Europa könne nur dann in Wohlstand leben, wenn es sich um die Entwicklung der Nachbarregionen kümmere.
Die Minister hatten im Februar vereinbart, über die Europäische Investitionsbank bis zu 3,7 Milliarden Euro zur Bekämpfung von Fluchtursachen zur Verfügung zu stellen. Eine Einigung mit dem Europaparlament steht aber noch aus.