Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Großer Bahnhof zum Abschied von Galerie Hölder
Mehr als 200 Besucher kamen am Freitagabend in die Obertor-Galerie nach Ravensburg
RAVENSBURG - Es war ein geradezu furioses Abschiedsfest. Mehr als 200 Besucherinnen und Besucher gaben Doris Hölder am Freitagabend die Ehre, als sie sich in ihrer Galerie Am Obertor in Ravensburg von ihrem Publikum verabschiedete.
Nach 37 Galerie-Jahren ist Schluss. Doris Hölder übergibt ihre Kunstgalerie, die einst die erste in Ravensburg gewesen ist, an ihre Nachfolgerinnen: an die Kunsthistorikerin Andrea Dreher und an Stefanie Büchele, die über jahrelange Erfahrung in Sachen Business verfügt. Die Abschieds-Ausstellung, die am Freitag eröffnet wurde, versammelt Arbeiten von 37 Künstlerinnen und Künstler der Galerie.
„Es ist so weit. Alles hat seine Zeit.“So begann Doris Hölder, sichtlich bewegt, ihre Abschiedsrede. Die Galeristin erinnerte an ihre kleinen und bescheidenen Anfänge in der Eichelstraße, wo 1980 alles begonnen hat. Der Malerin Gabriele Schickle war ihre erste Ausstellung gewidmet. Sie ist auch jetzt in der Abschiedsschau vertreten. Ein Redakteur der „Schwäbischen Zeitung“habe ihr damals gesagt, sie müsse ihre Galerie erst einmal zehn Jahre führen, bevor die Zeitung darüber berichte, erinnerte sich Doris Hölder.
Ravensburg sei damals eine Diaspora in Sachen Kunst gewesen, das Kulturamt mit einem einzigen Mitarbeiter besetzt, eine Galerie habe es, abgesehen von Jupp Eiseles städtischer Galerie, in der Stadt nicht gegeben. Galeristen, so Doris Hölder, verstünden sich nicht selten als Geburtshelfer und freuten sich, wenn die Kinder laufen lernten. Herzlich dankte Hölder ihrer Mitarbeiterin Erika Abt, die sie von der ersten Stunde an begleitet hat, und Edda Schönach, mit der sie seit 15 Jahren zusammenarbeitet. „Kunst ist Leben, Leben ist Kunst“, zitierte Hölder ihren Wahlspruch.
Ravensburgs Oberbürgermeister Daniel Rapp, erstmals zu einer Vernissage in die Galerie Hölder gekommen, stellte in seiner Rede fest: „Doris Hölder ist eine Institution in der Stadt und in der Region.“Ihre Galerie sei die wichtigste und erste in Ravensburg. Ausdrücklich bedankte sich Rapp bei Hölder für deren Unterstützung in der Diskussion um das neue Kunstmuseum. Er freue sich, dass es mit der Galerie an diesem Ort weitergeht. Rapps eher sparsames Abschiedsgeschenk an die Galeristin, eine Flasche Prosecco mit dem sinnigen Namen Dialog, irritierte dann doch. Ein Besucher fand: „Dann lieber gar kein Geschenk.“
Christine Freudig, Clubschwester Doris Hölders bei den Soroptimisten, wartete einmal mehr mit einer fulminanten Laudatio auf, einem wahren Feuerwerk an Wortwitz und Rhetorik. Es ist eigentlich unmöglich, von Freudigs Auftritten nicht begeistert zu sein. Klar doch, dass die pensionierte Deutschlehrerin Goethe zitierte: „Denn das Naturell der Frauen ist so nah mit Kunst verwandt.“Die Vernissagen in der Galerie Hölder seien Events, wie sie sonst kaum die Großstadt kenne. „Doch die Kunstkenntnis – so muss man sagen – beschränkt sich manchmal auf den Magen“, reimte Christine Freudig in einem längerem Poem. Sie vergaß in ihrer erfrischenden Rede aber auch Doris Hölders Ehemann Helmut Mock nicht, den stets engagierten Partner an ihrer Seite.
Künstler mit Respekt behandelt Ein Fotograf, Tilmann Krieg aus Kehl, der in 31 Jahren mehrfach in der Galerie Hölder ausgestellt hat, sprach stellvertretend für die Künstler ein Grußwort. Ganz große Namen hätten die Galeristin nicht so sehr beeindruckt, bemerkte Krieg und bekannte: „Die 31 Jahre waren eine schöne Zeit.“
Früher sei die Begeisterung für Kunst aber noch ausgeprägter gewesen, fand Tilmann Krieg, heute werde Kunst vielfach als Anlageobjekt gesehen. Doch in der Galerie Hölder sei das noch anders. Höflich und respektvoll habe Doris Hölder auch jene Künstler behandelt, die sie nicht ausstellen wollte.
Die Abschieds-Ausstellung in der Galerie Doris Hölder Am Obertor dauert bis 10. Mai. Die Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 10.30 bis 12.30, 14.30 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr.