Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten

Bei der Fahrrad- und Fundsachen­versteiger­ung geht es fast zu wie in Amerika

- Von Karin Geupel

WEINGARTEN - Bei der Fundsachen­und Fahrradver­steigerung in Weingarten haben Motorradhe­lme, Roller und Fahrräder neue Besitzer gesucht und gefunden. Während einige ganz gezielt auf ihr Lieblingst­eil steigern, gibt es auch Bieter, die ganz unverhofft zu neuem Besitz kommen.

„Zum Ersten, zum Zweiten – und zum Dritten! Verkauft für 220 Euro“, ruft Diana Morhard in ihr Mikro, und ein schickes grau-weißes Damenrad mit Korb hat einen neuen Eigentümer. Diana Morhard, Mitarbeite­rin beim Bürgerserv­ice der Stadt Weingarten, leitet die diesjährig­e Fundsachen­und Fahrradver­steigerung der Stadt. „Komm, da geht noch was“, fordert sie die rund 100 Menschen auf dem Bauhofsgel­ände immer wieder auf, wenn das Fundstück ihrer Meinung nach noch einen höheren Preis erzielen könnte.

Während Diana Morhard die Angebote der Bieter aufnimmt, hat ihre Kollegin Brigitte Nitz den Blick auf die Zahlen. 57 Fahrräder und zwölf Fundsachen stehen dieses Jahr zur Versteiger­ung. Darunter unter anderem ein verbogener Rollator, mehrere hochwertig­e Fahrräder von Cube und ein halb gefüllter Werkzeugko­ffer. Ob verbogen oder hochwertig – alle Dinge haben eines gemeinsam: Ihre Besitzer haben sie mindestens ein halbes Jahr im Fundamt stehen lassen. „Nach einem halben Jahr verliert man das Eigentum an den Sachen, dann werden sie von uns versteiger­t“, erklärt Diana Morhard.

Natalie Renz und Max Schröder sind hier, um ein Fahrrad für Max zu finden. „Aber nicht mehr als 40 Euro“, warnt Natalie Renz. Max Schröder hat sich bereits vor der Versteiger­ung alle angebotene­n Fahrräder genau angesehen. „Es ist schwierig zu entscheide­n, ob die Räder noch etwas taugen, wenn man nicht darauf fahren darf. Aber man sieht schon, ob zum Beispiel die Kette Rost hat, oder ob die Bremsen noch tun“, erklärt Max Schröder. Jetzt stehen die beiden Studenten am mit rot-weißem Absperrban­d markierten Feld, in dem Diana Morhard die Fahrräder feilbietet. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Preise so hochgehen“, sagt Natalie Renz erstaunt. Und ihr Freund amüsiert sich: „Das geht hier fast zu wie in Amerika“, sagt er und ahmt einen amerikanis­chen Auktionato­r nach, der unverständ­lich schnell Zahlen herunterle­iert.

Ganz so schnell geht es in Weingarten nicht: Bis zehn Euro wird in 50 Cent Abständen geboten, dann bis 20 Euro in einem Euro bis 50 in ZweiEuro-Schritten und ab da in Fünfoder Zehn-Euro-Abständen. Max Schröder hat es zuerst auf ein weinrotes Damenrad abgesehen, das aber schnell auf 70 Euro steigt. „Schade. Aber es gibt noch ein richtig cooles Erwachsene­n-Dreirad und ein altes Rennrad mit gebogenem Lenker“, sagt der Student.

Geschickt bieten Zuvor stehen aber noch ein paar Kuriosität­en auf dem Auktionsti­sch. Der verbogene Rollator wechselt mit Müh und Not für einen Euro den Besitzer. Eine lila Golftasche wird für zehn Euro von Toni und Ben ersteigert. „Da sind ja sogar noch original verpackte Golfbälle drin“, freut sich Ben. Auch Golfschläg­er und eine Schirmmütz­e finden sie in den Tiefen der Tasche. „Das war ein Spontankau­f“, geben die beiden Weingarten­er zu. Jetzt wollen sie ausprobier­en, wie es so ist, Golf zu spielen.

Unterdesse­n ruft Diana Morhard bereits das Dreirad auf, das Student Max Schröder gern haben möchte. Das hintere rechte Rad ist verbogen, aber ansonsten steht es noch ganz gut da. „Mehr als zehn Euro möchte ich nicht ausgeben“, sagt der Bieter. Immer wieder hebt er die Hand, doch bereits nach wenigen Sekunden sind die zehn Euro erreicht. 26 Euro erbringt das Dreirad schließlic­h. Jetzt bleibt den beiden Studenten nur noch, auf das Rennrad zu hoffen. Nach langem Warten wird das schwarz-rot-gelbe Fahrrad auf den Platz gerollt. 40 Euro sind die beiden Studenten bereit, dafür auszugeben. „Du musst geschickt bieten. Es bringt gar nichts, einfach eine hohe Summe reinzurufe­n“, rät Freundin Natalie. Und so macht es Max Schröder dann auch. „28! Bietet jemand mehr? 30! 30 zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten, und verkauft!“, ruft Diana Morhard, und die beiden Studenten jubeln. „Das ist richtig geschickt, um damit auf die Arbeit zu fahren“, sagt Max Schröder.

Mehr als 3000 Euro eingenomme­n Glücklich ziehen die beiden mit ihrem Kauf ab. Kurz darauf ist auch das letzte Rad versteiger­t. 3462,50 Euro haben Morhard und Nitz heute für die Stadt Weingarten eingenomme­n. Jetzt gibt es wieder Platz im Keller für neue Fundsachen und Fahrräder, die dann im nächsten Jahr versteiger­t werden.

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FOTOS: KARIN GEUPEL Vor der Versteiger­ung werden Fahrräder und die anderen Fundsachen genau begutachte­t.
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Ben und Toni haben spontan eine Golftasche mit Inhalt ersteigert.
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Natalie Renz und Max Schröder freuen sich über das ersteigert­e Rennrad.
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