Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Im Titel-Pingpong sichert sich Lewis Hamilton Satz Nr. 2
Der Mercedes-Pilot gewinnt den Großen Formel-1-Preis von China vor Sebastian Vettel im Ferrari – Max Verstappen holt furios auf
SCHANGHAI (dpa/SID) - Nach dem imposanten Konter von Lewis Hamilton im noch jungen WM-Duell klopfte Sebastian Vettel seinem Formel-1Rivalen immer wieder anerkennend auf die Brust. Mit seinem ungefährdeten Start-Ziel-Sieg in China vor dem Ferrari-Star schürte der Mercedes-Pilot weitere Hoffnung auf einen hochspannenden Zweikampf. Sein Gegenspieler sei „phänomenal schnell“, er erwarte eine „ultimative Schlacht“, sagte Hamilton. „Das wird einer der engsten Fights, die ich je erlebt habe. Es ist großartig, wie wir uns antreiben.“, Sprach’s und naschte – nach seiner fehlerlosen Leistung – genüsslich Schokolade.
Nach zwei Safety-Car-Phasen, mehreren Drehern und Rad-an-RadDuellen der Konkurrenz verwies der dreimalige Weltmeister Hamilton den viermaligen Champion Vettel auf den zweiten Rang und baute seine Schanghai-Bilanz auf jetzt fünf Erfolge aus. „Lewis hat den besten Job gemacht. Er hat von Beginn an das Tempo kontrolliert“, räumte Vettel neidlos ein. „Jedes Mal, wenn ich aufschließen wollte, hatte er eine Antwort.“Vor der Weiterreise zum dritten Saisonrennen nach Bahrain liegen Hamilton und Vettel im WMKlassement nun mit jeweils 43 Punkten gleichauf.
Gratulation auch von Rosberg „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen. Eine perfekte Strategie von Mercedes“, sagte Teamaufsichtsratschef Niki Lauda erleichtert, nachdem beim Auftakt in Australien Hamilton noch das Nachsehen gegen Vettel gehabt hatte. Nun durfte der Brite für seinen 54. Sieg auch Glückwunsche vom amtierenden Weltmeister entgegennehmen. „Zurück an der Spitze. Gratulation an Lewis/Merc (= Mercedes; d. Red.)! Sehr verdient“, schrieb der zurückgetretene Nico Rosberg via Twitter.
Ein Ausrufezeichen setzte Max Verstappen. Das Red-Bull-Talent startete von Rang 16, überholte in der ersten Runde gleich mal neun Wagen und raste zur Krönung seiner furiosen Aufholjagd noch auf das Podium. „Das hat sich für mich ein bisschen wie in einem Videospiel angefühlt“, beschrieb der 19-Jährige seine Parforcefahrt. Von so einer Leistung war Nico Hülkenberg weit entfernt. Der Renault-Mann, von Platz sieben gestartet, wurde wegen unerlaubten Überholens während der beiden Safety-Car-Phasen mit einer 15-Sekunden-Strafe belegt und verpasste als Zwölfter erneut die Punkte.
Zum Chaos geriet die Anfangsphase des Rennens. Schon vor dem Start war an den Kommandoständen über die passende Reifenwahl gegrübelt worden. Auf abtrocknender Strecke wählten die meisten Piloten die für feuchte Bedingungen vorgesehenen Mischwetter-Reifen. So auch PoleMann Hamilton, der fehlerlos fuhr. „An solchen schwierigen Tagen willst du niemanden anders im Auto haben als Lewis“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff über seinen Star-Piloten. Wolf sah Sebastian Vettel allerdings „mit dem gleichen Speed unterwegs. Wir können uns auf ein enges Duell freuen in diesem Jahr. Ich denke, das wird ein Pingpong zwischen Ferrari und uns werden.“
Nach einem Crash von WilliamsYoungster Lance Stroll kam schon in Runde zwei das virtuelle Safety Car zum Einsatz. Vettel ließ sofort Trockenreifen aufziehen, das Timing passte diesmal aber nicht perfekt. Denn schon zwei Umläufe später schoss Sauber-Ersatzmann Antonio Giovinazzi in die Streckenbegrenzung – das reale Safety Car musste raus, das Feld zog sich zusammen.
Zwischenzeitlich festgesteckt „So konnte ich das Momentum, den Vorteil, nicht nutzen und habe viele Positionen verloren“, klagte Vettel; er fiel zunächst auf Rang sechs zurück. Der Heppenheimer kämpfte. Mit zwei starken Überholmanövern gegen Räikkönen in der 20. Runde und zwei Durchgänge später gegen Ricciardo schob sich Vettel auf Rang drei vor. Als sich in der 29. Runde Verstappen verbremste, fuhr er auch an ihm ohne Mühe vorbei. „Sie haben einen tollen Job abgeliefert“, zollte Hamilton seinen Verfolgern Respekt.
Vettel aber wollte an den Briten noch rankommen. „Mein Ziel war es, Lewis noch zu kriegen, zwischendurch steckte ich aber im Verkehr fest und wurde ein bisschen wütend“, sagte der Deutsche. Wenig später holte er sich noch einmal neue Reifen und reihte sich auf Rang drei hinter Teamkollege Kimi Räikkönen ein. Auch Hamilton kam zum Pneuwechsel, verteidigte aber seine Führung. Räikkönen musste ebenfalls erneut an die Box, so dass Vettel wieder zum ersten Verfolger wurde. Gefährden konnte er Hamilton nicht mehr.
„Alles in allem war es ein gutes Rennen für uns, am Ende war einfach nicht mehr drin“, resümierte Vettel. Und ergänzte nach einem kurzen Einblick in seine Fahrerseele („Das hat richtig Spaß gemacht“) recht sachlich: „Wenn wir Mercedes in Bahrain wieder herausfordern können, wären das gute Neuigkeiten für uns.“