Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Tauber soll vor allem Klinken putzen
Merkel stellt ihrem Generalsekretär den Kanzleramtsminister Altmaier zur Seite
BERLIN - Paukenschlag in der CDU: Nicht Generalsekretär Peter Tauber, sondern Kanzleramtsminister Peter Altmaier wird das Bundestagswahlprogramm erarbeiten. Eine Entscheidung von CDU-Chefin Angela Merkel, die von Parteispitzen allgemein als Entmachtung Taubers angesehen wird. Die Kanzlerin setzt in den entscheidenden Monaten bis zur Wahl vor allem auf ihren Kanzleramtsminister, den sie auch in der Vergangenheit immer wieder als politische „Geheimwaffe“nutzte. Merkels Vertrauter Altmaier, der die Regierungsarbeit koordiniert, übernimmt damit eine zentrale Rolle im Wahlkampf, wird ein eigenes Büro im KonradAdenauer-Haus, der Partei- und Wahlkampfzentrale, beziehen.
Generalsekretär Tauber versuchte am Montag, aus der Not eine Tugend zu machen – und gute Miene zu bösem Spiel: Er selbst habe die Rollenverteilung mit Altmaier vorgeschlagen. Der Kanzleramtsminister solle neben ihm federführend das Wahlprogramm mitschreiben. So werde er selbst sich mehr um den Wahlkampf an Haustüren und auf Marktplätzen kümmern können.
Glänzender Analytiker Altmaier als neuer Chef im Adenauer-Haus, als Merkels Wahlkampf-Regisseur und Aufpasser? In der CDUSpitze hat man keine Zweifel, dass die Kanzlerin ihrer rechten Hand jetzt auch das Management des Bundestagswahlkampfes überträgt. Ob Energiewende oder Flüchtlingskrise, ob als Bundesumweltminister oder Kanzleramtschef und Flüchtlingskoordinator – immer wenn es ernst wurde für die Regierungschefin, musste das Multitalent Altmaier ran. Der Saarländer gilt als wandelnder Vermittlungsausschuss, als glänzender politischer Analytiker, effizienter Arbeiter, ist extrem gut vernetzt und verfügt über große Erfahrung. Der Unmut über Generalsekretär Tauber in den eigenen Reihen war zuletzt deutlich spürbar. Viel zu hören war von dem 42-Jährigen, der zugleich Konservativer und Modernisierer sein will, bisher nicht. Er wolle mehr nach innen wirken, so Tauber. Dagegen werfen ihm Parteifreunde Inhaltsleere und Anpassung an den vermeintlichen Zeitgeist vor, die in den Misserfolg führten. Tauber denke mehr darüber nach, wie er an die E-Mail-Adressen aller CDU-Mitglieder komme als darüber, was er ihnen schreiben soll, heißt es.
Mit einer geplanten Parteireform war er bei der Basis gescheitert. Mit seiner Forderung nach einem Einwanderungsgesetz stieß er bei den Innenexperten der CDU auf Ablehnung, Beifall gab es dagegen von der SPD und der Opposition. Tauber stehe für eine lange Serie von Wahlniederlagen der Christdemokraten, sagten seine Kritiker. Fast alle Landtagswahlen seit Taubers Amtsantritt 2013 hatte die CDU verloren, die Partei konnte nur in Sachsen, Sachsen-Anhalt und jetzt im Saarland das Amt des Ministerpräsidenten verteidigen. Tauber habe bisher keinen erfolgreichen Wahlkampf geführt, sticheln Parteifreunde. Auffällig: Bei der Wahl im Saarland hatte sich Kanzleramtsminister Altmaier stark engagiert. Gerade erst war bekannt geworden, dass die Kanzlerin Joachim Koschnicke, einen weiteren Wahlkampfstrategen, zurück ins Adenauer-Haus geholt hat. Von 2005 bis 2011 hatte er dort den Bereich Strategische Planung und Kommunikation geleitet.
Dass Altmaier gleichzeitig Kanzleramtsminister und Wahlkampfmanager sein soll, kommt bei der Opposition, aber auch beim Koalitionspartner SPD nicht gut an. Befürchtet werden Interessenkonflikte. Im Adenauerhaus wird die Personalie – kaum überraschend – anders bewertet als in der Außenwahrnehmung. Von einer Entmachtung Taubers könne keine Rede sein, heißt es dort.