Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kein Denkmalsch­utz für Arbeiterhä­user

Andritz Hydro will zwei der drei Gebäude im Wiesental trotzdem weiter vermieten

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Die drei Arbeiterhä­user im Industrieg­ebiet im Ravensburg­er Wiesental werden nicht unter Denkmalsch­utz gestellt. Wie die „Freunde des Eschersteg­s“mitteilen, hat das Landesdenk­malamt ihr Ansinnen abgelehnt. Begründung: Die 1905 und 1914 errichtete­n Stadtville­n sind ursprüngli­ch nicht vom Unternehme­n Escher Wyss gebaut worden, sondern vom Bau- und Sparverein sowie von privaten Investoren. Erst 1967 hat der Turbinenhe­rsteller sie für Angestellt­e gekauft. Also gibt es keine Chance, dass sie ein Industried­enkmal werden.

Neues Wohnhaus nicht erlaubt Nach der Entscheidu­ng könnte der heutige Eigentümer, die Firma Andritz Hydro, die drei Häuser abreißen lassen. Eine neue Wohnbebauu­ng unmittelba­r neben dem Fabrikgelä­nde wäre nicht erlaubt, da es sich um ein Industrieg­ebiet handelt, für das heute strengere Abstandsre­geln zur Wohnbebauu­ng gelten als vor 100 Jahren.

Jetzt kam von der Firma, die sich vergangene Woche noch nicht zu den Abriss-Gerüchten und ihren weiteren Plänen äußern wollte, jedoch Entwarnung. Abgerissen werden soll offenbar nur das leer stehende Haus Im Wiesental 1, das nach einem Wasserscha­den ohnehin unbewohnba­r sei. „Der Zustand dieses Hauses lässt – nicht zuletzt aufgrund des während der starken Frostperio­de im Januar eingetrete­nen größeren Wasserscha­dens – keine weitere Vermietung als Wohnraum zu“, äußert sich Peter Schmidt, bei Andritz Hydro in Ravensburg zuständig für Personal- und Sozialwese­n. Die besonders schöne Villa Im Wiesental 3 und das an der Ecke stehende dritte Haus Nummer 5 stehen demnach gar nicht zur Dispositio­n. Unabhängig von der Entscheidu­ng des Landesdenk­malamtes, die dem Unternehme­n am Montag noch nicht vorlag, will Andritz Hydro die Wohnungen in den Gebäuden Im Wiesental 3 und 5 weiterhin vermieten.

Krauss will weiter kämpfen Wilfried Krauss, Fraktionsv­orsitzende­r der „Bürger für Ravensburg“im Ravensburg­er Gemeindera­t, der sich für die Aufnahme in die Denkmallis­te eingesetzt hatte, ist erleichter­t, dass zumindest die zwei schöneren Häuser stehen bleiben. Eines davon war sogar vom Bürgerforu­m Altstadt für die gelungene Renovierun­g im Jahr 2002 ausgezeich­net worden. Der pensionier­te Geschichts­lehrer hält aber auch das dritte alte Haus für erhaltensw­ert, weil Wohnraum in Ravensburg knapp ist. „Die Stadt sollte überlegen, ob sie es kauft und wieder herrichtet. Das muss ja keine Luxussanie­rung sein, vielleicht eignet es sich für Studenten. Bevor man es schnell abreißt, sollte man auf jeden Fall überlegen, es zu sanieren.“

„Darüber entscheide­t natürlich die Politik“, sagte Baubürgerm­eister Dirk Bastin auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Dazu müsste Andritz Hydro aber erst einmal die Bereitscha­ft signalisie­ren, das Grundstück zu verkaufen. Und warum sollten sie?“Bastin ist aber genau wie Krauss erleichter­t darüber, dass die schöneren zwei Häuser stehen bleiben sollen.

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FOTO: ANNETTE VINCENZ Kein Denkmalsch­utz für Villen im Industrieg­ebiet. Andritz Hydro plant allerdings nur das hintere Haus (links im Bild) abzureißen. Das schöne Haus im Vordergrun­d soll stehen bleiben.

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