Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Prozess wegen Lynchjustiz an Eschacher Dreifachmörder
Ein 22-jähriger Gefangener der JVA Ravensburg steht am Dienstag wegen gefährlicher Körperverletzung an einem Mithäftling vor Gericht
RAVENSBURG - Gegen einen 22 Jahre alten Strafgefangenen, der in der JVA Ravensburg einsitzt, beginnt am Dienstagvormittag die Hauptverhandlung am Landgericht Ravensburg. Ihm wird gefährliche Körperverletzung und Nötigung vorgeworfen. Der junge Mann soll am 6. Juli 2016 in der JVA an dem mutmaßlichen Dreifachmörder von Eschach Lynchjustiz verübt haben, lautet die Anklageschrift.
Laut Anklage soll der 22-Jährige den 53-jährigen Mitgefangenen während des Hofgangs attackiert und mit voller Wucht mehrfach ins Gesicht getreten haben. Sein Opfer erlitt dadurch mehrere Gesichtsfrakturen. Die Staatsanwaltschaft geht zugunsten des Angeklagten aber davon aus, dass er danach von der weiteren Tatausführung freiwillig Abstand genommen hat. Schließlich soll der Angeklagte das mutmaßliche Opfer und drei weitere Gefangene bedroht und dazu genötigt haben, keine Aussagen über das vorangegangene Geschehen zu machen. Die Verhandlung beginnt am Dienstag um 9.30 Uhr vor der siebten Großen Strafkammer am Landgericht Ravensburg. Der Prozess wird nach derzeitigem Stand am 12. und 13. April um jeweils 9.30 Uhr fortgesetzt.
Der 53-Jährige soll im Juli 2016 in dem Ravensburger Ortsteil Untereschach seine Frau und seine beiden Stieftöchter mit einem Messer und einem Beil umgebracht haben. Ein gemeinsames fünfjähriges Kind des Paares überlebte die Tat. Den Ermittlern zufolge hatte der 53-Jährige die Taten geplant – womöglich, weil er befürchtete, dass seine Frau sich von ihm trennen wollte. Der Tatverdächtige kam in die JVA Ravensburg. Bei einem Hofgang soll er wenige Tage später von dem 22-jährigen Insassen angegriffen worden sein. Mitte August nahm sich der 53-Jährige das Leben. Mitgefangene fanden ihn erhängt in der Toilette seiner Zelle.
Sexualtäter stehen ganz unten Es ist kein Geheimnis, dass unter Gefängnisinsassen eine Hackordnung gilt. Franz Bernhard, Pressesprecher am Landgericht, spricht in diesem Zusammenhang von „Subkultur“. „Es gibt eine Differenzierung unter den Gefangenen“, so Bernhard. Ganz unten in der Rangliste stehen Sexualstraftäter und Kinderschänder – aber auch Verräter, die mit der Justiz kooperieren. Diese müssen in den Justizvollzugsanstalten besonders geschützt werden, damit andere Häftlinge ihnen nichts antun können. Mörder hingegen seien nicht unbedingt die Opfer von Übergriffen, so Bernhard. „Die Attacke auf den mutmaßlichen Dreifachmörder ist so gesehen kein typischer Fall“, meint der Pressesprecher.